Tonköpfe tauschen mit anderen Induktivitäten

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Meo
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Tonköpfe tauschen mit anderen Induktivitäten

#1 Beitrag von Meo » 23.10.2025, 18:38

Moin,

wer kennt das nicht?
Teilweise sind Ersatzteile für bestimmte Geräte sehr rar.
Insbesondere verschlissene Tonköpfe sind nicht mehr für jedes Gerät lieferbar. Und das schon seit Jahrzehnten.
Ich möchte versuchen Mut zu machen sich mit dem Thema zu befassen. Denn es ist Schade wenn Dinge ungenutzt bleiben.

Bei Fragen und Ergänzungen gerne Immer heraus damit!

Ein Tonkopf besteht im Wesentlichen aus den folgenden Bauteilen:

1. Kern (Magnetkern)
Besteht aus ferromagnetischem Material (z. B. Permalloy oder Ferrit).
Der Kern leitet den magnetischen Fluss und konzentriert ihn auf eine schmale Kopfspalte.
Er ist meist hufeisenförmig aufgebaut und aus zwei Hälften zusammengesetzt.
2. Spule (Wicklung)
Eine Kupferdraht-Wicklung ist um den Kern gelegt.
Bei der Aufnahme fließt durch sie ein elektrischer Strom (Audiosignal), der ein magnetisches Feld erzeugt.
Bei der Wiedergabe wird durch das Magnetfeld des vorbeilaufenden Bandes eine Spannung in der Spule induziert.
3. Kopfspalt (Luftspalt)
Eine winzige Unterbrechung im Magnetkern (typisch: 1–2 µm breit).
Hier tritt das magnetische Feld aus und wirkt auf das Magnetband.
Je kleiner der Spalt, desto höher die erreichbare Frequenzauflösung (also Klangqualität).
4. Kopfgehäuse
Mechanische Halterung und Schutz für den empfindlichen Kern und die Wicklung.
Sorgt für exakte Positionierung gegenüber dem Band (Azimut, Bandandruck).
5. Anschlüsse
Elektrische Kontaktstellen für den Anschluss der Spule an die Verstärkerschaltung.
Oft über abgeschirmte Leitungen verbunden, um Störungen zu vermeiden.
(Optional) 6. Abschirmung
Eine magnetische oder elektrische Schirmung aus Metall, um äußere Störfelder zu reduzieren.
Die Spule im Tonkopf bildet eine Induktivität.
Das kann eine Spule sein oder bei Studio Geräten auch 48.

Einige hier im Forum sind in der Lage einen Schwingkreis zu berechnen.
Andere wiederum wissen nicht was ein Schwingkreis ist.
Wo also Anfangen? Wo ist die kleinste Schnittmenge?

In Schaltungen von Bandgeräten gibt es viele Schwingkreise.
Was genau ist das nun?

Ein Schwingkreis besteht im einfachsten Fall aus zwei Bauteilen:
Kondensator (C) – speichert elektrische Energie im elektrischen Feld,
Spule (L) – speichert elektrische Energie im magnetischen Feld.

Wie funktioniert ein Schwingkreis?
Kondensator aufladen:
Zuerst wird der Kondensator geladen. Es liegt eine Spannung U
an, aber kein Strom fließt, weil die Schaltung noch nicht geschlossen ist.
Entladung über die Spule:
Sobald der Schaltkreis geschlossen wird, entlädt sich der Kondensator über die Spule. Der Strom steigt an und baut in der Spule ein Magnetfeld auf.
Umpolung:
Wenn der Kondensator entladen ist, ist das Magnetfeld in der Spule maximal. Dieses Magnetfeld bricht nun zusammen und erzeugt eine induzierte Spannung, die den Kondensator mit umgekehrter Polarität wieder auflädt.
Schwingung:
Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch – Energie pendelt zwischen elektrischem und magnetischem Feld hin und her.
→ Das ist eine elektrische Schwingung.

Die Eigenfrequenz (Resonanzfrequenz) eines idealen Schwingkreises ist:

Bild

Arten von Schwingkreisen:
Ungedämpfter Schwingkreis: keine Energieverluste (theoretisch ideal).
Gedämpfter Schwingkreis: reale Verluste durch Widerstände → Schwingung klingt langsam ab.
Erzwungener Schwingkreis: wird durch eine äußere Wechselspannung angeregt → Resonanzeffekte möglich.
Das nur als Grundinformation.

Das Ziel ist, einen Frequenzgang von 20Hz bis 20KHz linear aufzuzeichnen und auch wiederzugeben.
Linear bedeutet dabei, dass jede Einzelfrequenz mit gleicher Lautstärke wieder gegeben wird.

Wenn sich die Induktivität eines Tonkopfs (z. B. eines Wiedergabekopfs in einem Tonbandgerät) ändert, muss die Frequenzgang-Kompensation (Entzerrung) und manchmal auch die Lastimpedanz angepasst werden.

Grundprinzip: Tonkopf als Induktivität
Ein Tonkopf kann elektrisch als Induktivität
L mit einem Widerstand modelliert werden.
Er wird an einen Vorverstärker angeschlossen, der einen Eingangswiderstand R hat
und oft einen Kompensationskondensator C.

Was passiert, wenn sich die Induktivität ändert?
Wenn L zunimmt oder abnimmt (z. B. durch Alterung, Kopftyp, Bandgeschwindigkeit oder Fertigungstoleranzen):
Die Frequenzabhängigkeit der Impedanz Z
( =jωL) ändert sich.
Dadurch verschiebt sich die Resonanzfrequenz des Systems aus L und C.

Der Frequenzgang (besonders im Hochtonbereich) wird unlinear – Höhenabsenkung.
Das wiedergegebene Band klingt dann Dumpf.

Anpassung (Kompensation)
Zur Kompensation verändert man C_E oder R_E, um die Höhen wieder korrekt zu entzerren.
Beispielhafte Vorgehensweise:
Wenn sich L verändert Maßnahme zur Anpassung
L steigt (Höhen fallen ab) C_E verkleinern oder R_E verringern, um mehr Höhen anzuheben
L sinkt (Höhen zu stark) C_E vergrößern oder R_E erhöhen, um Höhen abzusenken.

Das ist leider nur Theorie, denn der Abrieb an den Paketen/ Lamellen erzeugt den sogenannten Kopfspiegel. An der Breite vom Kopfspiegel kann man gut die Lebenserwartung ablesen. Irgendwann ist der Kopfspiegel so breit dass der Kopfspalt größer wird und damit unbrauchbar!
Der daraus resultierende Höhenverlust lässt such nicht kompensieren!

Nun zum praktischen Teil.
Wenn ein Tonkopf Fremdfabrikat verbaut werden soll ist natürlich das wichtigste dass es Mechanisch passt.

Wiedergabekopf:
Der Kopfspalt soll an der gleichen Stelle sitzen wie das Original!
Die Höhe der Spurlage muss sich einstellen lassen.
Der Umschlingungswinkel muss passen.
Der Kopf muss exakt auf der Taumelplatte justierbar sein. (Das lässt sich mit einer Tastuhr 1/1000mm einstellen)
Die Brummklappe muss schließen.

Aufnahmekopf:
Wie Wiedergabekopf nur ohne Brummklappe.

Elektronische Anpassung:

Am einfachsten wäre es wenn alle Tonköpfe die gleiche Induktivität hätten. :)
Der originale Wiedergabekopf ist mit der Eingangsstufe vom Wiedergabeverstärker verbunden. Abgestimmt ist dieser Schwingkreis mit einem Kondensator im Verhältnis zur Induktivität von der Spule im Tonkopf. Bei Zweikanal dann zwei mal. Jeweils Kanal 1 und einmal Kanal 2.

Berechnen der Resonanzfrequenz.

Bild

Nehmen wir ein Beispiel aus der Praxis:
* Tonkopf-Induktivität: 



* Parallelkondensator: C
* 

Jetzt setzen wir das in die Formel ein:

Bild

Berechnen wir das Schritt für Schritt:

Bild

Ergebnis
f0 ≈41,1kHz
Das heißt:
Mit einem 150 mH-Tonkopf und einem 100 pF-Kondensator liegt die Resonanz bei ca. 41 kHz — also zu hoch für eine Wiedergabeentzerrung.
Wir wollen die Resonanzfrequenz von 15 kHz!

Hier noch eine kleine hilfreiche Tabelle.
Zwischenwerte kann sich jeder selber berechnen.

Bild

Liebe Grüße,
Meo


(Wer Rechtschreibfehler findet darf sie gerne behalten.)


Bild

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