hallo,
ich möchte hier nicht mit Worten wie Blödsinn rumwerfen, sondern eine ganz einfache Geschichte erzählen:
HiFi im Wortsinn bedeutet hohe Treue, und beschreibt das Bestreben, Töne aller Art so original wie möglich wiederzugeben.
Das Problem in der Realität beginnt damit, dass man beim Kauf eines Tonträgers gar nicht beurteilen kann, ob das, was da drauf ist, so klingt wie original. Eine Aufnahme ist nämlich schon, ganz vorsichtig formuliert, eine Interpretation.
Das Signal von diesem Tonträger schickt man dann in eine "Kette" von Wiedergabegeräten, die im Idealfall nichts an dem Signal verändern. Am Ende schickt dann der absolut neutral abgestimmte Lautsprecher ein Signal, das niemand im Original gehört hat, in einen Hörraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit akustisch nicht dem Aufnahmeraum entsprechen wird. Das, was dann ans Ohr dringt, hat mit dem Originalklang nur noch bedingt etwas zu tun. Letztlich kann es auch gar keiner beurteilen, denn auch die Stereo und Audio-Tester kennen das Original nicht.
In den letzten Jahrzehnten sind zahllose technische Versuche unternommen worden, den Einfluss des Wiedergaberaumes zu kompensieren - mir ist bis heute keine Lösung bekannt, wo das wirklich geklappt hat.
In der Praxis sieht es dann so aus - der HiFi-Freund hat im Idealfall einen speziellen Hörraum zur Verfügung, im Normalfall muss die Anlage irgendwie in einen Wohnraum integriert werden, bei dem Musikwiedergabe nur eine Nebensache ist. In so einen Raum kann man auch eine Anlage im Gegenwert eines Einfamilienhauses stellen, und hört trotzdem kein HiFi im Sinne von hoher Originaltreue. Die meisten Audiofans ignorieren diesen Umstand aber total, und biegen stattdessen so lange an dem Klang herum, bis es Ihnen halbwegs gut gefällt. Einfach gestrickte Menschen benutzen den Klangregler, "ernsthafte" HiFi-Freunde fangen mit Tuning an, und machen die Inserenten in Stereo und Co. fett mit dem Geld, was sie dafür ausgeben. Am Ende ist aber in beiden Fällen etwas entstanden, was nach Meinung der Benutzer "gut" klingt, und ein Kunstprodukt ohne jeden Bezug zum Original ist.
Wie wichtig der Raum und wie unwichtig die Geräte sind, durfte ich selber mal auf einer Vorführung des deutschen HiFi Instituts in den frühen achtzigern erleben. Da hat man ein Kammerorchester zusammen mit verschiedenen Anlagen auf eine Konzertbühne gestellt und simultan spielen lassen - mal kam die Musik live von der Bühne, mal wurde sie entweder von einer Studer PR99 oder einem Sony PCM-Recorder an eine der Anlagen auf der Bühne geschickt. Egal, ob die Musik von einer Grundig Anlage für 2000 DM oder von der Audio Referenz für über 100000 DM kam, alle Anlagen waren erschreckend nah am Original. Es war sogar so, dass die Konsumentenklasse eher das HiFi-Ideal traf als die ganzen High-End Skurrilitäten, die eher versuchten, auch noch mit einem Geigenton die Bühne zum Zittern zu bringen (wahrscheinlich, weil die Tester das so mögen).
Die Diskussion, die hier geführt wird, ist entweder aus allen Blickwinkeln sinnvoll, oder aus allen Blickwinkeln Schwachsinn. Irgendwie hat jeder Recht, und auch wieder micht. Egal, ob man HiFi als reine Physik oder eher als Esotherik betrachtet - nur das Original klingt original, alles andere ist vergebliche Mühe. Jeder kann das für sich selber ausprobieren - geht in irgendein klassisches Konzert in irgendeiner Philarmonie, und sucht anschließend nach einer Anlage, die dieses Erlebnis auch nur in Ansätzen zuhause reproduzieren kann. Spätestens dann merkt jeder, was für ein Holzweg das ist. Das Problem, was immer zu Streitereien führt, ist, dass niemand die Sache in Gänze betrachtet, sonder sich jeder auf ein einfaches Modell zurückzieht. Die einen glauben nur, was sie hören, und betrachten dies als Evangelium. Die anderen klammern sich an das Prinzip der technischen Einfachheit, betrachten dies ebenfalls als Evangelium, und ignorieren, dass es so einfach dann eben auch nicht ist.
Ich würde sagen, eine sinnvolle Diskussion scheitert nicht an fehlender Hörerfahrung oder Dummheit, sondern an der fehlenden Bereitschaft der beiden Lager, dem anderen wenigstens mal zuzuhören. Dem Esotheriker täte etwas mehr technische Betrachtung gut, dem Techniker aber auch die Einsicht, dass der Sinn von HiFi-Geräten am Ende ist, Gefühle beim Benutzer auszulösen, und dass es da ganz viele Faktoren gibt, die überhaupt nicht technisch, aber trotzdem vorhanden sind.
So, genug geschwallt, ich geh jetzt arbeiten

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Gruß Frank
"Man will halt immer das, was die anderen haben, bis dann alle das haben, was die anderen haben und dann wollen alle wieder das, was dann keiner mehr hat"