schön, dass bei uns im Forum offenbar doch ein größeres Interesse an den unterschiedlichen Eigenschaften von Verbindungsleitungen zwischen den einzelnen Komponenten einer HiFi-Anlage besteht. Man hat's nicht zuletzt an dem auf immerhin 8 Seiten angewachsenen Thread "Querschnitt Lautsprecherkabel" gesehen. Es ist aber auch ein wirklich interessantes Thema - und gleichzeitig ein nahezu unerschöpfliches. Warum? Das möchte ich heute bei uns in einem neuen Thread "Leitungen zwischen HiFi-Komponenten" anstoßen.
Bei vielen, insbesondere bei den technisch Interessierten und Vorbelasteten unter uns, herrscht zunächst mal eine tiefe Skepsis gegenüber diesen "Kabelphilosophien" vor, denen einige bedauernswerte, vermeintlich Verrückte nachhängen und insbesondere auch gegenüber den davon profitierenden Herstellern und Händlern. Eine solche Sepsis war bis vor einigen Jahren auch bei mir stark ausgeprägt.
Wir denken zunächst mal an das Ohm'sche Gesetz und darüber hinaus auch daran, dass wir es hier ja lediglich mit Niederfrequenz zu tun haben. Unter diesen Gesichtspunkten erscheinen uns solche Verbindungsleitungen zu Lautsprechern als simples Zubehör, eben als Mittel zum Zweck der Signalweiterleitung, dem ansonsten weiter keine besonderen, vor allem keine hörbaren Eigenschaften beigemessen werden. Allenfalls noch, dass man möglicherweise eine Lautsprecherleitung mit 2x1,5 oder gar 2x2,5 mm² Querschnitt gegenüber einer solchen mit 2x0,75 mm² noch bevorzugen mag.
Bei den Verbindungsleitungen zwischen den Tonquellen und dem Verstärker scheint die Sache fast noch unkomplizierter. Hier muss ja noch nicht mal "richtige" Leistung übertragen werden. Hauptsache die Leitung ist abgeschirmt und nicht über die maßen lang - es könnte sonst ja vielleicht doch zu Höhenverlusten kommen?

Die in den letzten Jahren immer öfter diskutierten "wesentlich den Klang beeinflussenden" Eigenschaften von Kabeln machten mich dann aber doch neugierig. Ich bin eben auch so ein Verrückter, der schon immer darum bemüht war, Verbesserungen in der Musikwiedergabe zu erzielen. Vergangenheitlich geschah das aber eben lediglich durch die Beschaffung besserer aktiver Komponenten und Lautsprecher unter Beibehaltung meiner Bastelmarkt-Verbindungskabel.
Nein, es gab eine Ausnahme. Ich nahm einmal zum Testen leihweise eine Netzsteckerleiste mit eingebauten HF-Filtern (Verkaufspreis ca. 180,-- €) nach Hause. Der Test ergab, dass der Klang mit dieser ausgeliehenen Steckerleiste schlechter war als mit meiner bisher verwendeten Baumarkt-Leiste. Der Deal kam natürlich nicht zustande. Bemerkenswert ist aber, dass überhaupt eine Klangveränderung zu hören war. Das führt also zu der interessanten Erkenntnis, dass selbst solche Veränderungen in der Netzversorgung Auswirkungen auf die Wiedergabequalität eines HiFi-Geräts haben.
Alle Schritte, die ich danach unternahm, führten ebenfalls schrittweise zu hörbaren Klangverbesserungen, mal stärker ausgeprägt, mal weniger deutlich. Die jeweiligen Investitionskosten sind immer geringer ausgefallen, als wenn ich mir diese Verbesserungen mit einen neuen Verstärker, Plattenspieler oder Lautsprecher hätte erkaufen müssen.
Bevor ich mich jedoch zu solchen Risikokäufen entschloss, ließ ich mir solche Kabel meistens nach Hause mitgeben, sodass ich sie in Ruhe und unbeeinflusst an meinen eigenen Komponenten ausprobieren konnte. Es ist wirklich erstaunlich, welche z.T. erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Leitungstypen tatsächlich hörbar sind.
Diese Dinge mochte ich aber für mich physikalisch erklärt wissen, da mich andernfalls fortwährend eine innere Unruhe beschleichen würde, wenn ich nicht wüsste, warum etwas so ist wie es ist.
Ich wälzte also zunächst nochmal meine alten Bücher (zum einen den "Schröder" und natürlich auch die entsprechenden Telefunken-Laborbücher), parallel dazu war logischerweise Internetrecherche angesagt. Tatsächlich fand ich auch für fast alles eine nachvollziehbare Erklärung (außer für die Richtungsabhängigkeit von Leitungen bei der Übertragung von Wechselstromsignalen).
Den Websites, die der eine oder andere von Euch zum Thema schon genannt hat, bin ich natürlich auch nachgegangen.
Zu dieser: Herr Weber stützt seine These "Volksverdummung durch teure Leutsprecherkabel" hauptsächlich auf die Argumente
a) Tabelle Leitungswiderstand: Das so zu betrachten ist etwas zu trivial, da diese Rechenbeispiele nur auf reine Gleichstromübertragung zutreffen. Bei Wechselstromsignalen mit Frequenzen bis zu 20 kHz stimmen die Ergebnisse aus der Tabelle längst nicht mehr! (Siehe weiter unten)
b) Material: Seine Behauptung, die Auswahl der Kupferqualität (Sauerstoffgehalt, Kristallgrößen) sei "reiner Blödsinn" ist völlig willkürlich und durch nichts von ihm belegt.
c) Skineffekt: Seine Behauptung, der Skineffekt trete im Bereich zwischen 20 Hz und 20 kHz überhaupt nicht auf, ist absolut falsch und zeugt ganz besonders von einer eher etwas fragwürdigen Fachkompetenz.
d) Induktivität/Kapazität: Das sind bestimmt nicht die letzten anzuführenden Parameter, die über das Übertragungsverhalten einer Leitung bestimmen. Herr Weber "vergaß" dabei einen viel wesentlicheren Faktor zu erwähnen, nämlich die Qualität des Dielektrikums, die durch den Aufbau und die Materialauswahl bei der Leiterisolierung bestimmt wird. (Siehe ebenfalls weiter unten)
Mein persönliches Resümee zu den Ausführungen von Herrn Weber: Schuster bleib bei deinen Leisten.
Und nun zu dieser: Bei Herrn Messinger kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass seine weit mehr als kritische Haltung gegenüber "angeblich" hörbaren Unterschieden verschiedener Verbindungsleitungen im wesentlichen bewusst kalkulierte Masche ist. Ich gehe nicht davon aus, dass Herr Messinger unter einem Gehörschaden leidet. Eher glaube ich, dass er damit rechnet, bei vielen Kunden einen vertrauenerweckenden Einfluss zu erlangen, wenn sogar er als Fachhändler kein gutes Haar an bestimmten Zubehörteilen lässt.
Vertrauen ist für den Kunden schon mal die erste Voraussetzung dafür, bei einem Händler überhaupt etwas zu kaufen. Rät dann der Händler dem Kunden dazu, sein Geld lieber in ein besseres Gerät als in ein schnödes Kabel zu investieren, so wird diesem Rat sicherlich von vielen auch gern gefolgt - und der Umsatz stimmt wieder.
Einige Beiträge von Herrn Messinger sind inhaltlich sicherlich gut und stimmig, andere aber, besonders seine Ansichten über Röhrenverstärker, Schallplattenwiedergabe und eben über Kabel sind weder stimmig noch technisch/wissenschaftlich hinterfragt. Weil wir doch hier gerade bei Kabel sind: Auch Herr Messinger argumentiert beim Thema Kabel & Co. lediglich mit Aspekten, welche die Einflüsse einer tonfrequenten Signalübertragung völlig außer acht lassen. Seine Vergleiche mit notwendigen Leiterquerschnitten für Kabel zur Versorgung von diversen Haushaltsgeräten erscheinen in diesem Zusammenhang eher etwas dümmlich.
Im folgenden möchte ich nun auf einige Websites zu diesem Thema verweisen (und damit ich nicht soviel abschreiben muss

Es sind dies: http://www.fl-electronic.de/live_connec ... meter.html, (dazu auch die am Ende aufgeführten Links als Ergänzung) und vielleicht noch: http://www.germanhighend.com/index.php? ... nd-kabel_0 mit ähnlichen Ergebnissen, quasi als Bestätigung.
Einige Gesichtspunkte, die in diesen Beiträgen nicht behandelt werden, möchte ich an dieser Stelle noch hinzufügen. Hierzu gehört die u.a. frequenzabhängig unterschiedliche Gruppenlaufzeit der Signale in einer Leitung, welche ebenfalls frequenzabhängige Phasenverschiebungen innerhalb des zu übertragenden Signals nach sich zieht. Mit zunehmender Frequenz nimmt die Laufzeit ab (und umgekehrt). Dieser Umstand begünstigt noch die Auswirkung des Skineffekts, der sich eigentlich völlig unabhängig von der Gruppenlaufzeit aus anderen Faktoren errechnet. Die unterschiedlichen Gruppenlaufzeiten innerhalb des Tonfrequenzspektrums sind jedoch bei den Leitungslängen, die wir üblicherweise in unserer Stereoanlage verwenden, sehr gering und bewegen sich im Bereich von ns bis wenigen µs, auch wenn sie zwischen 20 Hz und 20 kHz um das ca. 31,5-fache voneinander abweichen. Hierzu sollten wir aber wissen, dass nach Untersuchungsergebnissen von Prof. Curdt (HDM Stuttgart) das menschliche Gehör dazu in der Lage ist, Laufzeitunterschiede von 30 µs wahrzunehmen. Als Frequenz dargestellt sind das 33,33 kHz, also weit oberhalb unserer Hörgrenze für Einzeltöne. Solche Laufzeit- bzw. Phasenunterschiede äußern sich dann durchaus in Form von geringfügigen Klangverfärbungen.
Es ist frappierend, wie viele unterschiedliche Faktoren bei der Signalübertragung durch eine Leitung eine Rolle spielen und wie viele Ansatzpunkte es dadurch gibt, eine Leitung je nach Verwendungszweck für ihre Aufgabe zu optimieren.
Ich möchte bei all diesen Betrachtungen aber auch nicht unerwähnt lassen, dass die zweifellos hörbaren Unterschiede zwischen schlechteren und besseren Leitungsqualitäten sicherlich nur dann zu einem merklich verbesserten Hörgenuss beitragen können, wenn auch entsprechend hochwertige HiFi-Komponenten eingesetzt werden. Bei unseren Liebhabergeräten von Braun (ich denke hier an die Schuhkartons und die Generationen davor) glaube ich nicht, dass wir in puncto Klangverbesserung durch besseres Kabelmaterial noch etwas "reißen" können; zumal es dort auch an geeigneten Anschlussbuchsen fehlt. Wie es sich mit den Pizzaschachteln verhält, kann ich nicht beurteilen, da ich diese nicht kenne.
Puuuh... das war nun doch ein bisschen viel für heute, wenn man auch noch den ganzen Informationsgehalt der Links mit einbezieht. Ich hoffe, es war nicht zuviel auf einmal und daher ermüdend und langweilig. Aber die Problematik "Leitung" (Schröder nennt das "Theorie und Berechnung passiver Übertragungsnetzwerke"

Ein weiteres, nahe verwandtes Thema wären Steckverbindungen. Das wird aber nicht ganz so raumeinnehmend sein wie dieses, da einige der Einflüsse, die auch bei Steckern und Buchsen zum tragen kommen, hier schon behandelt wurden. Keine Angst. Kommt noch.
Für heute reicht's erst mal.
Viele Grüße
henry2