Klangqualität von Audio-CDs

Hier darf unter Beachtung der Forumsregeln über alles auch außerhalb von Braun geplaudert werden
Antworten
Nachricht
Autor
Benutzeravatar
Grolumo
Spezialist
Spezialist
Beiträge: 218
Registriert: 25.02.2011, 23:57
Wohnort: Stuttgart

#1 Beitrag von Grolumo » 08.05.2011, 22:16

Hallo,

kein Vorschlag aber eine Frage, die mich schon länger beschäftigt.

Die CD's haben die unterschiedlichsten Klangqualitäten. Mal quäken sie nur, mal fehlt eindeutig der Baß usw. - hat wohl etwas damit zu tun, welcher Toningenieur die Aufnahmen zusammengemischt hat.

Daneben habe ich schon erlebt, daß man im Radio einen Super Titel hört, die Klangqualität ist rundum super. Wenn man dann die CD kauft, ist man enttäuscht über die Klangqualität.

Jetzt setze ich meine Hoffnung etwas in Dich, Norbert. Du hast doch etwas mit dem Hörfunk zu tun.
Weißt Du, oder natürlich auch jemand anders, ob die Sender klanglich "aufgemotzte" CD's erhalten um Kaufanreize zu geben?

Ich habe diese Frage schon einmal bei einer Funkhausbesichtigung beim SWR gestellt, aber keine fundierte Aussage erhalten.
Diese Besichtigungen führen heute keine Funkmitarbeiter mehr, sondern Jobber...

Bin auf Eure Antworten gespannt.

Gruß
Willi

lev
Eroberer
Eroberer
Beiträge: 61
Registriert: 29.05.2009, 14:08

#2 Beitrag von lev » 08.05.2011, 22:47

Stichwort Loudness( war)…

Benutzeravatar
Rasmus
Experte
Experte
Beiträge: 286
Registriert: 01.12.2010, 22:50
Wohnort: England

Aufnahmequalität

#3 Beitrag von Rasmus » 08.05.2011, 22:52

Hallo Willi
Viele Cds, gerade die der ersten Generation, sind abscheulich abgemischt!
Bei guten Radiosendern sitzen, so weit ich weiß, Toningenieure an Mischpulten die diese Schwächen zum Teil korrigieren können.
Ich bin ein großer Liebhaber der indischen klassischen Musik und einer meiner Lieblingsinterpreten ist der Surbaharspieler Imrat Khan (Surbahar=Bass Sitar), dessen Musik in den frühen 90igern oft auf CDs veröffentlicht wurde. Der Klang dieser Cds ist gelinde gesagt "dünn", während frühere Vinylaufnahmen extrem klanggewaltig waren! Ich nahm dann diese Cds mit meinem C4 auf Kassette auf und schon beim aussteuern wurde es klar das die Aufnahmen total untersteuert worden waren (20% und weniger)! Nach richtiger Aussteuerung klangen die Aufnahmen auf Kassette wieder richtig gut! Ich höre Imrat Khan auch heute noch mit meinen selbstausgesteuerten Aufnahmen auf Kassette und nicht auf CD!!!
Leider ist mit dem Ende der Analogtechnik oft auch das Ende der musikalischen Toningenieure gekommen, die Technik und Musik noch als eine Einheit verstanden! Das Messgerät und die Theorie ersetzte jetzt das Ohr und das hören :( .
Gruß, Rasmus
Zuletzt geändert von Rasmus am 08.05.2011, 23:39, insgesamt 1-mal geändert.
Braun Atelier...There is no substitute!

Der Teufel steckt im Detail!

Benutzeravatar
Norbert
Obermaschinist
Obermaschinist
Beiträge: 2047
Registriert: 02.01.2009, 19:27
Wohnort: 79106 Freiburg

#4 Beitrag von Norbert » 08.05.2011, 23:05

Grolumo hat geschrieben:Jetzt setze ich meine Hoffnung etwas in Dich, Norbert. Du hast doch etwas mit dem Hörfunk zu tun.
Weißt Du, oder natürlich auch jemand anders, ob die Sender klanglich "aufgemotzte" CD's erhalten um Kaufanreize zu geben?
Hallo Willi,

die "Bemusterungs-CDs" (oder Promo-CDs) haben die selbe Klangqualität, wie sie auch Otto Normal erhält. Bei aber so gut wie allen Popsendern wird auf dem Weg zum Sender mit speziellen Mehrband-Soundprozessoren gearbeitet. Der bekannteste unter diesen Prozessoren ist der "Optimod" von der US-Firma Orban. Je nachdem wie dieser eingestellt ist, erhält man ein in der Stereobasis verbreitertes, vom Sound mit künstlichen Höhen und Bässen und auch ein von der subjektiven Lautheit angereichertes Klangbild. Die Musik hört sich also völlig anders an.

Solch ein Mehrband-Soundprozessor ist äußerst komplex einzustellen. Es gibt genügend Sender, die verschlimmbessern mit diesen Geräten den Klang über die Antennen gnadenlos. Sie werden viel zu laut eingestellt, die Kompression ist so stark, daß jegliche Dynamik eines Musikstücks auf der Strecke bleibt und ein Pumpen entsteht. Dabei entstehen oft auch Verzerrungen. Wenn die CD selbst schon stark dynamikkomprimiert ist ("Loudness War"), hört sich das ganz fies an.

Zum Glück gibt es Ausnahmen, wie z.B. der französische Sender "fip" (früher France Inter Paris). Die haben ihr Processing so gut eingestellt, daß man es quasi nicht hört.

Gruß, Norbert
Wenn es nach dem Löten kracht, hast du etwas falsch gemacht.
Nostalgie Funk - le groove de légende

Benutzeravatar
Rasmus
Experte
Experte
Beiträge: 286
Registriert: 01.12.2010, 22:50
Wohnort: England

Sound engineering

#5 Beitrag von Rasmus » 08.05.2011, 23:33

Norbert hat geschrieben:Solch ein Mehrband-Soundprozessor ist äußerst komplex einzustellen. Es gibt genügend Sender, die verschlimmbessern mit diesen Geräten den Klang über die Antennen gnadenlos. Sie werden viel zu laut eingestellt, die Kompression ist so stark, daß jegliche Dynamik eines Musikstücks auf der Strecke bleibt und ein Pumpen entsteht. Dabei entstehen oft auch Verzerrungen. Wenn die CD selbst schon stark dynamikkomprimiert ist ("Loudness War"), hört sich das ganz fies an.
Hi Norbert
Heißt das daß man für die Einstellung der Soundprozessoren ein besonders guter Techniker sein muß, oder sollte man da auch etwas von Musik verstehen???
Die besten Soundtechniker die ich selbst kennengelernt habe waren Multi-Instrumentalisten. Manche Musiker benutzen heute verschiedene Tontechniker für verschiedene Instrumente, z.B. bei Rammstein's Album "Reise, Reise" wurde das ganze Album in Spanien abgemixt... Mit Ausnahme des Schlagzeugs!!! Christoph Schneider lies sein Schlagzeug in Schweden, bei einem der besten Schlagzeugtoningenieure, aufnehmen.
Um ein richtig guter Toningenieur zu sein muß man m.E. auch Musiker sein... Technik allein reicht da nicht! Nur dadurch das ich eine gute Leinwand und gute Ölfarben herstellen kann macht mich das noch nicht zu Van Gogh :wink: .

Gruß, Rasmus
Braun Atelier...There is no substitute!

Der Teufel steckt im Detail!

Benutzeravatar
Sir Alex
Foren-As
Foren-As
Beiträge: 115
Registriert: 16.04.2009, 11:16
Kontaktdaten:

Re: Sound engineering

#6 Beitrag von Sir Alex » 09.05.2011, 00:06

Rasmus hat geschrieben:
[...]

Um ein richtig guter Toningenieur zu sein muß man m.E. auch Musiker sein... Technik allein reicht da nicht!

[...]

Gruß, Rasmus
Seh ich genauso! Nur so hat man ein Feeling für die Schönheit der Musik

Benutzeravatar
Norbert
Obermaschinist
Obermaschinist
Beiträge: 2047
Registriert: 02.01.2009, 19:27
Wohnort: 79106 Freiburg

Re: Sound engineering

#7 Beitrag von Norbert » 09.05.2011, 00:12

Rasmus hat geschrieben:Heißt das daß man für die Einstellung der Soundprozessoren ein besonders guter Techniker sein muß, oder sollte man da auch etwas von Musik verstehen???
Hallo Rasmus,

am besten beides - Musiker zu sein ist nicht unbedingt notwendig, aber man sollte ein wirklich gutes, musikalisches Gehör haben - ein Feingefühl für Töne. Aber solche Leute kosten eben Geld, das meist bei den privaten Anbietern fehlt.

Und es muß einfach klar sein: Man schafft es nie, daß alle Aufnahmen über den Prozessor gut klingen. Was beim Mastering mal vergeigt wurde, biegt so ein Gerät nicht wieder hin.

Gruß, Norbert
Wenn es nach dem Löten kracht, hast du etwas falsch gemacht.
Nostalgie Funk - le groove de légende

Benutzeravatar
Rasmus
Experte
Experte
Beiträge: 286
Registriert: 01.12.2010, 22:50
Wohnort: England

Re: Sound engineering

#8 Beitrag von Rasmus » 09.05.2011, 01:23

Norbert hat geschrieben: Und es muß einfach klar sein: Man schafft es nie, daß alle Aufnahmen über den Prozessor gut klingen. Was beim Mastering mal vergeigt wurde, biegt so ein Gerät nicht wieder hin.
Das ist genau der Punkt! Die Technik kann nie den Menschen ersetzen... Sonst würden Marry Shelley's düstere Visionen wohl wahr weden :shock: :shock: :shock: !!!!
Gruß, Rasmus
Braun Atelier...There is no substitute!

Der Teufel steckt im Detail!

lev
Eroberer
Eroberer
Beiträge: 61
Registriert: 29.05.2009, 14:08

#9 Beitrag von lev » 09.05.2011, 12:41

es wäre ehrlichgesagt ja garnicht schlimm, wenn die AUfnahmen minimal angekurbelt wären, das tun die Braun-Geräte mit dem Taunus-Sound ja weitestgehend auch. Aber es muss dezent und unaufdringlich passieren.

Was man aber auf CDs in den letzten Jahren bekommt geht in die Richtung der Unhörbarkeit. Beispiel: Beatles-Remasters die zwar komprimiert sind, aber eher dezent. Und das letzte oder vorletzte ALbum von Paul McCartney: Man kann ihn über Kopfhörer mit iPod nicht hören, schon bei Lautstärke 0 kracht und knallt es, als wärs Zimmerlautstärke. Über Kopfhörer. Selbiges gilt teilweise für das "1"-Album von vor Jahren von den Beatles.

Leider macht der Trend vor Indie-Bands auch nicht halt: Klangkünstler-Duo RATATAT haben mittlerweile 4 richtige LPs und diese wurden von Release zu Release immer und immer lauter und knalliger – und schöner sind dennoch die alten Sachen.


Zum Thema Radio zurückkehrend: Der Effekt des Soundings kann hier in Berlin sehr schön beobachten werden: KissFM und Energy 103,4. Ersteren höre ich nicht, letzteren nur wegen einer täglichen Talkshow. Was man sagen kann: Der Laden kriegts nicht hin. Dass die Musik zu laut ist ist klar – aber bei Redebeiträgen variiert die Kompression von Tag zu Tag. Mal angenehm, mal aber so stark dass es rauscht und knistert, wenn ich die Sendung mit dem Computer mitschneide wird mir ständig Clipping eingeblinkt, obwohl der Pegel ganz normal ist.
Die einzigen "hörbaren" sind da nur Fritz, RadioEins und manchmal MotorFM – alles andere ist Grütze.

Benutzeravatar
Norbert
Obermaschinist
Obermaschinist
Beiträge: 2047
Registriert: 02.01.2009, 19:27
Wohnort: 79106 Freiburg

#10 Beitrag von Norbert » 09.05.2011, 20:27

Hallöchen,

ich habe dem interessanten Thema mal einen eigenen Thread gegeben.

Selbst im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der ARD bekommen es die Techniker oft nicht geregelt, einen vernünftigen Sound einzustellen. Was es eben sehr schwierig macht, ist das unterschiedliche Programm-Material - gerade im Bereich der populären Musik, weil gerade dort so viel akustischer Sondermüll produziert wird. Wenn man solch eine dynamikverhunzte CD mal rippt, sieht man mit einem Soundeditor die Katastrophe gleich: Die Waveform der Musik ähnelt einem Brikett.

Diese Prozessoren wurden ca. Mitte der 70er-Jahre in den USA ursprünglich dafür entwickelt, die Modulation von UKW-Sendern zu verbessern. Als gegen Mitte der 80er-Jahre in Deutschland der private, kommerzielle Hörfunk eingeführt wurde, hielt "Soundprocessing" auch Einzug in die Szene. Die öffentlich-rechtlichen konnten mit der Zeit nicht nachstehen und installierten ebenfalls ihre Optimods und Omnias in die Senderketten, um vor allem subjektiv lauter zu klingen. Man kann ja den FM-Frequenzhub (die Sendelautstärke) nicht nach Belieben hochziehen, sonst gibt es Ärger mit der Bundesnetzagentur (und die Empfänger verzerren). Also mußte eine effektive Signalverdichtung (Kompression) her, die subjektiv laut klingt. Die Kisten wurden mit der Zeit technisch immer aufwändiger und beeinflussen längst nicht nur die Dynamik.

Nichts dagegen, wenn nicht übertrieben wird. Der UKW-Hörfunk hat mit seinen etwa 40 dB nun mal nie die nutzbare Dynamik einer gut gemasterten Audio-CD. Im Analog-Zeitalter war das noch nicht so problematisch, ganz ohne Kompressoren und Limiter ging es aber auch dort nicht.

Gruß, Norbert
Wenn es nach dem Löten kracht, hast du etwas falsch gemacht.
Nostalgie Funk - le groove de légende

Benutzeravatar
Rasmus
Experte
Experte
Beiträge: 286
Registriert: 01.12.2010, 22:50
Wohnort: England

Signal compression

#11 Beitrag von Rasmus » 09.05.2011, 21:47

Norbert hat geschrieben:Also mußte eine effektive Signalverdichtung (Kompression) her, die subjektiv laut klingt. Die Kisten wurden mit der Zeit technisch immer aufwändiger und beeinflussen längst nicht nur die Dynamik.
Zum Thema Kompression hier mal die Wikipedia Seite:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kompressor ... arbeitung)

Ganz unten findet ihr da die Aussage des englischen Multimusikers Alan Parsons:
Die Hifi-Zeitschrift "stereo" kritisierte in ihrer Ausgabe 9/2010 das Komprimieren von Musiktiteln heftig. Sie verglich die ursprüngliche Ausgabe einer CD mit einem später herausgegebenen Remastering und stellte fest, dass diese häufig komprimiert wurden. Die Zeitschrift interviewte Alan Parsons; dieser sagte: "Es ist allerdings zur Mode geworden, zu stark zu komprimieren. Aus der Sicht von HiFi ist das ein Desaster
Gruß, Rasmus

PS
Auf dieser Seite findet ihr ein Video zum Thema
http://www.delamar.de/video-workshops/m ... ssor-3085/
Sehr interessant... Da sieht man wie es technisch gemacht wird, aber was verstehen diese Leute von Musik? Denn vielleicht hat der Bassist den Bass ja bewußt "verzerrt" gespielt, z.B. mit "Slapping"?
Zuletzt geändert von Rasmus am 10.05.2011, 01:40, insgesamt 2-mal geändert.
Braun Atelier...There is no substitute!

Der Teufel steckt im Detail!

lev
Eroberer
Eroberer
Beiträge: 61
Registriert: 29.05.2009, 14:08

#12 Beitrag von lev » 09.05.2011, 21:58

Ich hatte vor dem Remaster-Release des Beatles-Katalogs anno 2009 täglich das Rolling-Stone-Forum gelesen und da war die Kompression faktisch immer das Hauptthema der Spekulationen.

Prinzipiell wird vorher immer spekuliert, wieweit bei solch Remastern außer der Bandreinigung und der sauberen Digitalisierung auch die Kompression zum Einsatz kommt. Und in dem konkreten Fall der Beatles ist wenigstens zu sagen, dass man sich in der Abbey Road Mühe gab und tatsächlich recht wenig gesoundet haben. Der Direktvergleich zwischen dem "1"-Album und den neuen CDs ergab, dass die Titel tatsächlich wieder leiser wurden. Die Mono-Erstreleases waren anscheinend sogar komplett undkomprimiert.

Positiv fielen außerdem die Remasters der Kinks-Alben auf, einzelne Alben gegen Ende der 60er klingen auf CD wirklich fantastisch. Mangels SACD-Player kenne ich nur die CDs, die höherauflösenden Varianten sollen wohl überragend sein.


Das war mal ein kleiner Ausflug in den 60s Rock… :D

Benutzeravatar
Grolumo
Spezialist
Spezialist
Beiträge: 218
Registriert: 25.02.2011, 23:57
Wohnort: Stuttgart

#13 Beitrag von Grolumo » 10.05.2011, 22:31

Hallo lev, Rasmus, Norbert und Sir Alex,

herzlichen Dank für Eure Antworten.
Mit denen kann ich etwas anfangen.
Ich habe viel dazugelernt und für mich neue Begriffe erfahren.

Leider ist das Ergebnis viel schlimmer als ich vermutet habe!
Wenn ich Eure Antworten richtig zusammenfasse, ist man als Endverbraucher (mal wieder) der Dumme.
Eigentlich gibt es nur einen Ausweg: Zurück zur guten alten Schallplatte, wobei die, wie Rasmus an anderer Stelle bereits geschrieben hat, zumindest was das Trägermaterial betrifft, auch nicht mehr das ist, was sie einmal war.

@lev: Dein Stichwort "loudness war" war mir ein Rätsel. Google hat mich ausführlich aufgeklärt.

@Rasmus: Du hast mir da einen sinnvollen Verwendungszweck für meinen schon längere Zeit ungenutzt herumstehenden C4 gezeigt.

@Norbert: Ohne die Beiträge der anderen Schreiber in irgendeiner Weise abwerten zu wollen, Deine Beiträge sind Klasse.
Detailliert, ruhig und sachlich aus dem Nähkästchen geplaudert - hoher Nährwert für den Leser - einfach toll.

Gruß
Willi

Antworten