Hallo zusammen,
nach näherem Betrachten dieses Schneewittchensargs kam ich ziemlich bald zu folgender Erkenntnis: Allein die inneren Werte wieder instandzusetzen würde längst nicht genügen, um dieses ehemals schöne Gerätchen nicht doch seinem Namen Ehre machen und es den Weg alles Irdischen gehen zu lassen.
Wer könnte in diesem Fall besser helfen als Herr Wölker? Ein Anruf bei ihm klang vielversprechend und so schnürte ich kurzentschlossen ein Paket mit dem ausgebeinten Gehäuse in Richtung Darmstadt und übte mich anschließend in Geduld, denn Herr Wölker meinte, es könne etwas dauern. Alles Warten hat aber einmal ein Ende und so erhielt ich vergangene Woche mein Paket mit renoviertem Inhalt wieder zurück. Das Gehäuse wurde sandgestrahlt, neu lackiert und frisch bedruckt. Das Ergebnis kann sich nun wieder sehen lassen.
Was gab's sonst so noch zu tun? Ein paar Fotos sollten helfen, ein wenig Aufschluss darüber zu geben.
So sah die Kiste mal von außen aus, als ich sie bekam:
Man beachte das "Gegengewicht" [A], hergestellt aus einer wohlgeformten, weiß angestrichenem Eisenrolle, das ein fürsorglicher Experte gewiss in bester Absicht mit einer Spax-Schraube am hinteren Ende des Tonarms angeschraubt hat (warum eigentlich nicht an seinem vorderen Ende?).
Die Plexiglashaube war mit hartnäckigem, klebrigen Schmutz bedeckt, aber glücklicherweise nur ganz leicht verkratzt. Ich konnte sie nach gründlicher Säuberung und anschließender Behandlung mit (Auto-)Lackreiniger wieder in einen ansehnlichen Zustand versetzen.
Das ungleich stärker verkratzte Stahlblechgehäuse und die verwischte, z.T. nicht mehr leserliche Beschriftung verlangten jedoch nach fachmännischem Eingreifen.
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Den Anblick der zu Beginn dieser Beitragsreihe erwähnten drei Vorwiderstände ['B'] für den Plattenspielermotor (je 400Ω/50W) und deren behutsames Einfügen in die Schaltungsumgebung mochte ich Euch doch nicht vorenthalten. Auch die Verbindung der Tonabnehmerleitung mit der weiterführenden NF-Leitung (die an ihrem anderen Ende nirgendwo angeschlossen war) mittels einem Paar solider Lüsterklemmen [C] erklärte sich mir als eine gelungene Lösung!
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Im Gegensatz zu den drei stattlichen Vorwiderständen erschien mir das ebenfalls dazu in Reihe geschaltete Trimmpoti [D] doch leicht unterdimensioniert zu sein. Vielleicht dachte sich der Konstrukteur, dass sich dann aus den Belastbarkeitswerten der in Reihe geschalteten Widerstände ein gemeinsamer, für alle geltender Durchschnittswert ergäbe, der infolgedessen allemal hinreichend groß sein würde?
Auf dem gleichen Foto ist die abgerissene Lötöse am Lautsprecheranschluss [E] zu sehen.
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Nun aber schnell zu den Demontagearbeiten.
Hier nochmal das geschundene Gehäuse...
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...und der Plattenspieler nach einer Grundreinigung. Der Tonarm ist an zwei Stellen gerissen und wurde geklebt. Das originale Tonabnehmersystem, welches umschaltbar zum Abspielen von Schallplatten mit Mikro- und Normalrillen geeignet war, wurde entfernt; stattdessen erhielt der arme Tonarm ein mir unbekanntes, natürlich nicht umschaltbares System ein
geklebt.
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Die Anschlussdrähte zu der kleinen Motorspannungs-Umschaltplatine [F] waren knapp über der Platine abgeknipst. Deren Ein- und Ausbau sowie eine neue Verdrahtung mit passenden Vorwiderständen gemäß Gerhards Schaltbild war angesagt. Mangels eines vorgesehenen Bauteilträgers mit Lötösen gelang das vielleicht nicht ganz so schön, aber zweckmäßig.
Viel schlimmer ist, dass etliche Funktionsteile an diesem Plattenspieler schlicht fehlen. Dazu gehören u.a. sämtliche Komponenten, die zur Endabschaltung gehören; selbst der kleine Griff am vorderen Teil des Tonarms, an dem man ihn hält bzw. ihn zur Platte hin- und wieder wegführen kann, ist nicht mehr vorhanden.
Nach meinem Dafürhalten geht das aber über ein manchmal durchaus nützliches Abwerfen von Ballast doch deutlich hinaus...
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So sahen die "Radioinnereien" nach dem Säubern aus. Außer dem Reinigen von zahlreichen Kontakten, der Sockelstifte und Röhrensockel war nichts zu reparieren. Empfänger und Verstärker funktionierten danach tadellos.
Natürlich waren fehlende oder auch abgezwickte Leitungen zu ersetzen, nämlich die
- Motorzuleitung
- NF-Leitung vom Plattenspieler zum Kanalumschalter an den hinteren Anschlussbuchsen
- NF-Leitung von den hinteren Anschlussbuchsen zum Verstärker
- Lautsprecherleitung
Vor der Attacke gegen seinen beklagenswerten SK6 hatte der Besitzer möglicherweise einen neuen Seitenschneider geschenkt bekommen...
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Also fertig für den Einbau ins neue Kleid, das nun so daher kommt:
Sexy, oder?
Der Lautsprecher mit seinem neuen "Anschlussterminal" ist auch schon wieder eingebaut.
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Jetzt isser fertig!
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Der Umschalter M/N [H] sieht zwar beeindruckend aus, ist aber nur noch Attrappe, was aber der ahnungslose Betrachter natürlich nicht wissen kann. Der überlegt sich vielmehr, wo er denn nun den Tonarm anfassen soll(?)...
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Und alles funktioniert!
Radio, Plattenspieler, beide Kanäle des Verstärkers (mono & stereo). Der Plattenspieler eben nur eingeschränkt, da die Endabschaltung nicht vorhanden ist und der Tonarm zu einer zwar funktionierenden aber bedauernswerten Krücke mutiert ist (jedoch nicht freiwillig!).
Wenn man also den Tonarm mit zitternder Hand in die Einlaufrille einer (bitte nicht mehr ganz neuen) Schallplatte gehievt hat, so steht einer zweifellos umwerfenden Hörsession bestimmt nichts mehr im Wege.
Falls sich allerdings eine Gelegenheit dazu ergäbe, könnte ich mir beinahe noch vorstellen, den kompletten Plattenspieler gegen ein gut erhaltenes, vollständiges Gerät auszutauschen.
Nochmals danke an alle Helfer und viele Grüße
Heinrich