Hallo Thomas, Wilhelm, Raimund und Norbert,
vielen Dank für Eure positiven Antworten auf meinen Bericht zu Marinas Verstärker. Es hat mich gefreut, dass er bei Euch auf Interesse gestoßen ist. Raimunds Bemerkung zu der ungewöhnlich konzipierten Stromversorgung im CSV 1000 hat mich dazu veranlasst, mich ein wenig näher mit dieser Schaltung zu beschäftigen.
Es ist richtig, dass durch dieses Konzept (entgegen des Üblichen) die Ausgangsleistung bei 4 Ohm-Lasten geringer ist, als bei einer Last an 8 Ohm.
Vater des Gedankens war vermutlich die Tatsache, dass in den 60ern noch eine größere Anzahl hochwertiger Lautsprecher mit einer Impedanz von 16 Ohm auf dem Markt war, der damals noch bedient werden sollte. Ich denke dabei an Boxen von Tannoy oder auch an die hauseigene L 80, die mit 15 Ohm und natürlich die L 1000, die mit 8 … 16 Ohm angegeben war. Außerdem wurde noch zeitgleich mit dem CSV 1000 der CSV 60 angeboten, der ebenfalls einen 16 Ohm-Ausgang hatte und mit einer (angegebenen) Sinusleistung von 30 W aufwartete.
Wollte man an 16 Ohm eine solche Ausgangsleistung (und sogar noch ein bisschen mehr) mit einer „eisenlosen“ Transistor-Endstufe realisieren, so war eine für damalige (Transistorverstärker-)Verhältnisse sehr hohe Versorgungsspannung erforderlich. Man legte sich auf 70 V fest, was nach Abzug von ca. 6 V Spannungsabfall an den annähernd durchgesteuerten 2N3055 und den beiden in Serie zu diesen Transistoren geschalteten Leistungsdioden eine Ausgangsspannung von ca. 64 V Spitze-Spitze ergibt. Daraus resultiert eine Effektivspannung von 22,63 V und damit eine Leistung von 32 W an 16 Ohm.
Rechnet man dies unter Vernachlässigung des Innenwiderstands der Endstufe und der Stromlieferfähigkeit des Netzteils auf 8 Ohm- und 4 Ohm-Lasten um, so würde man Sinusleistungen von 64 W an 8 Ohm und 128 W an 4 Ohm je Kanal erzielen. Dies gibt jedoch selbst mit den Abstrichen der zuvor vernachlässigten Faktoren weder das Netzteil noch die Endstufe her.
Also musste man „abdrosseln“, d.h. die Versorgungsspannung und damit den Strom begrenzen. Die Begrenzung setzt schon bei einem Versorgungsstrom von > 3 A (für beide Kanäle) ein. Das Regelverhalten des Netzteils sollte die Versorgungsspannung bei einer Ausgangsleistung von 2 x 55 W an 8 Ohm von 70 V auf ca. 65 V reduzieren. Leider trifft das nur bei Vollast von nur einem Kanal zu.
Noch viel gravierender verhält es sich bei einer Last von 4 Ohm. Hier sollte die Versorgungsspannung auf weniger als 42 V herabgesetzt werden, um die maximale Stromlieferfähigkeit von 6 A (darüber sprechen auch die Sicherungen an) nicht zu überschreiten. Schade ist nur, dass ein großer Teil der Spannungsdifferenz, nämlich fast 43 V an den 6 Lastwiderständen abfällt und damit dort ca. 258 W verbraten werden. Lange Zeit halten das die Widerstände nicht aus. Sie sind für eine Dauerleistung von 54 W ausgelegt. Ich sehe hierin das hauptsächlich „kritische“ an diesem Netzteil. Die Spannung nach dem Gleichrichter beträgt hierbei nur noch ca. 77 V, sodass die beiden Längsregler (2N3055) voll aufgesteuert werden müssen, um die verbleibende Spannung von ca. 34 V möglichst ganz zur Verfügung stellen zu können. Die zwei haben (verglichen mit den 6 Parallelwiderständen) ohnehin keinen besonders harten Job zu erledigen.
(Anmerkung hierzu: Ich mache mir 'mal über eine gerechtere Verteilung noch einige Gedanken, z.B. über eine wohlbedachte Reduzierung des Gesamtwiderstandes des Sixpacks und über deren eventuelle, sich neben dem gewünschten Ergebnis ergebende, womöglich schädliche Nebenwirkungen. Natürlich würde dadurch auch die erzielbare Nutzleistung höher. Über Stellungnahmen aller „Mitüberleger“ zu diesem Thema würde ich mich freuen.)
So die Theorie bei Vernachlässigung der beeinflussenden Impedanzen. Die Praxis zeigt, dass sich die Trafo-/Gleichrichterkombination recht „weich“ verhält und die Ausgangsspannung bei einer (max.) Stromentnahme von 6 A um 43 V auf 77 V zusammenbricht, was auf einen Ri von 7,16 Ohm schließen lässt. Erstaunlicherweise ist dies genau der gleiche Widerstandswert, den die die 6 parallelgeschalteten Widerstände à 43 Ohm aufweisen. Trafo/Gleichrichter und Widerstands-Sixpack teilen sich also hälftig den Spannungs-Vernichtungsjob, wobei der Sixpack gegenüber dem entsprechend „weich“ konzipierten Trafo thermisch eindeutig den Kürzeren zieht. Ab einer Stromentnahme von > 3 A kann also von einer stabilisierten Spannungsversorgung keine Rede mehr sein.
Die Reduzierung der Versorgungsspannung bei Stromentnahmen > 3 A ist tatsächlich auch stimmig (und gewollt). Allerdings kann bei LS-Impedanzen von 8 Ohm und darunter die maximal erzielbare Dauerleistung nur auf einem Kanal, nicht jedoch auf beiden Kanälen gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden; die Versorgungsspannung bricht hierfür zu stark ein.
Ich habe sie in mehreren (natürlich immer kurz bemessenen) Schritten nachgemessen und dabei eine bedenkliche Überhitzung der 6 Parallelwiderstände festgestellt. Es sollte bei dieser Betrachtung auch nicht unerwähnt bleiben, dass alle genannten Verlustleistungswerte in der Stromversorgung ohne Berücksichtigung des eigentlich noch hinzukommenden Leistungsbedarfs der Vorstufen und der Verlustleistung der Endstufe genannt wurden. Die im Betrieb vom Netzteil zu verbratende Verlustleistung ist also in Wirklichkeit noch höher.
Mich wundert es daher nicht mehr, wenn Wilhelm von einer „kritischen“ Stromversorgung spricht, denn sie ist offenbar nur für eine sehr, sehr kurze Betriebszeit bei Vollast an beiden Kanälen bei 8 Ohm-Belastung (oder darunter) ausgelegt. Die beiden „abgekogelten“ Lastwiderstände in Marenas Verstärker fanden sich nämlich in gleicher Weise auch in meinem CSV 1000/1, als ich ihn vor gut 2 Jahren in defektem Zustand erhielt. Jetzt habe ich auch eine Erklärung dafür.
Nun ist es im Praxisbetrieb beim normalen Musikhören zwar nicht so, dass auf beiden Kanälen gleichzeitig die maximal erzielbare Leistung als Sinus-Dauerleistung abverlangt wird. Dieser Umstand rettete natürlich auch den Verstärker vor Dauerreklamationen und ständigen Aufenthalten in den Reparaturwerkstätten. Dennoch war es mutig gewesen, mit diesen Leistungsangaben (insbesondere bei 8 Ohm-Lasten und darunter) hausieren zu gehen, ohne diesbezügliche Einschränkungen zu erwähnen oder zumindest Hinweise zum Gebrauch zu geben.
Tut mir leid, wenn mein Beitrag ein bisschen lang geworden ist, aber ich glaube es war dem Thema geschuldet; ist doch das Netzteil für einige wesentliche Eckdaten des Verstärkers mitbestimmend. Kann hierzu noch jemand etwas Ergänzendes oder vielleicht auch Korrigierendes beitragen? Vielleicht lassen sich ja unsere CSV 1000 noch ein wenig ertüchtigen (an meinem versuch' ich das auf jeden Fall 'mal).
Viele Grüße
henry2