Reparatur einer ELA-Endstufe ELV500

Receiver und (Vor-)Verstärker außerhalb atelier/regie/slim line
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henry2
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Reparatur einer ELA-Endstufe ELV500

#1 Beitrag von henry2 » 07.01.2022, 16:03

Hallo ELA-Freunde und -Interessenten,

Nachdem mir Ede bereits zwei ELA-Vorverstärker ESV400 zur Reparatur und Überholung anvertraute, wurde natürlich auch mindestens noch eine Endstufe benötigt. Was nützen einem denn noch so viele Vorverstärker, wenn man keinen passenden Leistungsverstärker an ihnen betreiben kann? Deshalb fasste sich Ede ein Herz und baute sich aus einem CSV500 eine ELA-Transistorendstufe ELV500 - zumindest all das, was man mechanisch dafür benötigte. Die elektrischen Innereien überließ er mir.

Der ELV 500 wurde also in Eigenregie aus dem Chassis eines CSV500 zusammengebaut, welches noch das Netzteil und die Endstufe enthielt. Sämtliche Blechteile und Anschlussträger, die für einen ELV 500 erforderlich sind, wurden von Ede sehr fachmännisch originalgetreu und passgenau aus verzinktem Stahlblech nachgefertigt und montiert. Dem elektrischen Umbau in einen funktionierenden ELV 500 stand also nichts mehr im Wege.

Die Herstellung und Montage der Stahlblechteile, wie auch die Bestückung des Anschlussträgers mit den DIN-Buchsen, den Tuchel-Ferderleisten, dem Sicherungsträger und Spannungsumschalter hatte Ede übernommen.

1. Stromversorgung, Netzteilplatine[/b]

Zunächst habe ich mich um die Stromversorgung gekümmert. Der Ladeelko im Netzteil wurde als erstes erneuert (rechts oben im Bild). Die 30V-Versorgung für den Vorverstärker auf der (senkrecht stehenden) Netzteilplatine wurde hier nicht mehr benötigt; die zugehörigen Bauteile wurden deshalb entfernt.

k-IMG_0449.JPG

Auf dieser Platine befindet sich auch die Schaltung für die elektronische Sicherung der Endstufe. Es fiel auf, dass dort vormals ein Widerstand erneuert wurde. Zwei 10µF-Elkos in dieser Schaltung wurden jetzt ebenfalls ersetzt, deren Kapazität nur noch einige pF betrug.

Beim Nachmessen der Schaltung für die elektronische Sicherung der Endstufe fiel eine Ungleichheit zwischen dem linken und dem rechten Kanal auf. Weiteres Vorgehen ergab eine Unterbrechung eines Widerstands. Direkt am Widerstand gemessen, war jedoch alles in Ordnung, an der nächsten Lötstelle bestand jedoch keine Verbindung mehr zu diesem Widerstand. Es musste also eine Unterbrechung der Leiterbahn bestehen. Bei genauerem Hinsehen fiel ein Kratzer auf der Platine auf, der jedoch nicht sehr dramatisch aussah. Dennoch durchtrennte er die Leiterbahn, die nun rasch wieder geflickt wurde. Die Funktion des Verstärkers war durch die unterbrochene Leiterbahn in keiner Weise beeinträchtigt, jedoch bestand für den betroffenen Kanal kein Schutz mehr für die Endstufe bei einem Kurzschluss oder bei Überlastung.

Schließlich wurde noch ein Entstörkondensator eingebaut. Sein Effekt ist erstaunlich deutlich hörbar. Ohne ihn ist sowohl beim Ein- als auch beim Ausschalten der Endstufe ein merkliches Knacksen aus den Lautsprechern zu vernehmen. Nach Einlöten des Kondensators hört man davon absolut nichts mehr.


2. Nun zur Endstufe

Die erste Maßnahme bestand in der Erneuerung sämtlicher Elkos sowohl auf der Platine, als auch der beiden Elkos mit Schraubbefestigung am Verstärkerausgang. Einer dieser Elkos wurde wurde mit zwei neuen Anschlüssen aus kräftigem Runddraht versehen. Siehe Foto... ohne Worte...
k-IMG_0464.JPG
Auf der Platine waren auch schon einige Widerstände zu sehen, deren Farbringe sich schon etwas braungebrannt ansahen. Auch diese wurden von vornherein ersetzt.

Dann wurde die Netzspannung am Verstärker mit dem Regeltrafo langsam hochgefahren. Bei einer Spannung von 20V am Ladeelko (reguläre Spannung am Ladeelko: 65V) war der linke Kanal des Verstärkers bereits einigermaßen funktionsfähig; der rechte Kanal brummte etwas und blieb ansonsten stumm. Bei etwas über 25V am Ladeelko brummte der rechte Kanal etwas vernehmlicher und unter der nur leicht hochgeklappten Endstufenplatine traten kleine Rauchwölkchen hervor. Schnell ausgeschaltet und den frisch gebräunten Emitterwiderstand eines Treibertransistors ersetzt. Als nächstes wurde nur noch gemessen. Dabei ergab sich, dass drei Treiberstransistoren (BFY41, 2 x 40409) wie auch die beiden Endtransistoren 2N3055 defekt waren. Die beiden 2N3055 wurden zuvor schon einmal ersetzt, zu erkennen an deren unterschiedlichen Labels und der Beschriftung auf der Unterseite mit Filzstift, wo sich die Anschlüsse für Basis und Emitter befinden würden. Deutliche Hinterlassenschaften eines echten Fachmanns. Die 5 defekten Transistoren im linken Kanal wurden nun erneuert.
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Anschließend lief die Endstufe wieder auf beiden Kanälen. Allerdings steckte im rechten Kanal immer noch der Fehlerteufel. Das am Eingang des rechten Kanals eingespeiste Sinussignal wurde in seiner positiven Halbwelle bereits in der 2. Verstärkerstufe stark verformt und in seiner Amplitude gegenüber dem linken Kanal am Zweikanal­oszilloskop erheblich größer dargestellt. Die verformte, zu hohe Amplitude setzte sich nach hinten weiter fort bis zum Emitter der letzten Treiberstufe. Am Lautsprecherausgang war jedoch die Signalverformung fast verschwunden und die Amplituden beider Kanäle waren wieder nahezu gleich. Ich stand zunächst vor einem Rätsel, zumal die Spannungen an allen Transistoren nur unwesentlich von denen des linken Kanals abwichen und auch in ihrer Größenordnung durchaus plausibel erschienen.

Außerdem war festzustellen, dass sich der Ruhestrom der Endtransistoren des rechten Kanals mit dem zugehörigen Trimmpoti nicht einstellen ließ. Es reagierte überhaupt nicht. Was war die Ursache? Zunächst: Keine Ahnung. Es folgte Messen, Grübeln, genau hinsehen, ob vielleicht visuell etwas zu erkennen wäre? Nichts. Schließlich doch noch eine Messung an unvermuteter Stelle – Treffer! Und was war sie nun, die Ursache? Die Emitter der beiden Treibertransistoren sind mit den Basisanschlüssen der nachfolgenden 2N3055 nicht direkt verbunden, sondern jeweils über einen 1,5 Ω-Widerstand. Einer der beiden Widerstände (R721) hatte Unterbrechung. Äußerlich sah man keinerlei Veränderung oder Beschädigung an diesem Widerstand. Glücklicherweise hatte ich einen solchen (wirklich nur einen) in meinem Fundus. Glück, wo man doch einen Widerstand mit 1,5 Ω nicht gerade jeden Tag benötigt.

Dieser wurde nun anstelle des unterbrochenen Widerstandes eingesetzt und siehe da, die Signalverformung und die zu hohe Amplitude waren verschwunden und die Endstufe funktionierte auf beiden Kanälen wieder einwandfrei. Der Ruhestrom ließ sich mit dem zugehörigen Trimmpoti wieder einstellen, lediglich an einer Stelle der Kohlebahn fand der Schleifer keinen Kontakt zu ihr. Mehrfaches Hin- und Herdrehen, wie auch das Reinigen der Kohlebahn halfen nichts, und so musste auch dieses Teil ersetzt werden. Nun funktioniert der Endverstärker wieder großartig. Ich wusste gar nicht, dass in einem doch recht überschaubaren Endverstärker so viele Fehler und Defekte vergraben sein können...

Ansicht von oben:
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Ansicht von unten:
k-IMG_0455.JPG
Hier kann man neben dem hinten angeflanschten Anschlussfeld mit den Ein- und Ausgängen auch das Tragblech für den kleinen Vorverstärker mit den beiden Pegelreglern sehen. Den Grund für die überreichliche, scheinbar unnötige Länge des Tragblechs kann ich mir nur damit erlären, dass es auch eine Abschirmfunktion erfüllt, wenn sich direkt darunter ein ESV400 befindet. In diesem Bereich befinden sich nämlich die ersten, d.h. die brummempfindlicheren Verstärkerstufen des ESV400.


3. Anschluss und Verkabelung des Anschlussträgers

Ede hatte bereits die Lautsprecher-DIN-Buchsen, den Netzspannungsumschalter und den Sicherungshalter auf dem Anschlussträger angeschlossen. Letzteren ersetzte ich durch einen kürzeren, da der eingebaute etwas zu lang war und deshalb zu weit nach unten herausragte.

Darüber hinaus waren noch die DIN-Eingangsbuchse, parallel dazu die Kontakte der Tuchel-Federleiste sowie die Lautsprecheranschlüsse auf der Federleiste zu verdrahten.


4. Das Vorverstärkerchen

Vermutlich um die Pegelverluste durch die Übertrager am Ausgang des externen Vorverstärkers ESV400 wieder auszugleichen und zum kanalgetrennten Einpegeln der Endstufe, wurde vor deren Eingänge ein kleiner einstufiger Vorverstärker mit zwei getrennten Potentiometern vorgesehen. Da die Netzteilplatine des (echten) ELV500 keine elektronische Sicherung für die Endstufe enthält, wurde diese vom Hersteller einfach mit auf die Platine des kleinen Vorverstärkers gepackt.

Da wir hier aber keinen originalen ELV500, sondern einen umgebauten CSV500 haben, benötigen wir an dieser Stelle keine elektronische Sicherung für die Endstufe, da sich diese ja auf der Netzteilplatine des CSV500 befindet. Es galt also nur, den noch benötigten kleinen Vorverstärker nachzubauen und einzusetzen.

Ich baute diesen auf einer kleinen Versuchsplatine auf (siehe Foto) und setzte ihn zusammen mit den beiden Potentiometern für die Pegeleinstellung an die gleiche Stelle wie sie im Originalgerät vorgesehen war. Ede hatte dafür bereits die Tragplatte aus Stahlblech und daneben einen neuen Original-Netzschalter mit darüberliegendem Kontrolllämpchen super passend vorgesehen.
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Nach Einbau und Anschließen des Vorverstärkers funktionierte die ganze Kiste auf Anhieb perfekt, und man konnte auch feststellen, dass der kleine Vorverstärker eine nicht nur brauchbare, sondern sogar eine wichtige Komponente im ELV500 ist.

Noch ´was Wichtiges: Um eine Masseschleife mit einem daraus resultierendem Brummeffekt zu vermeiden, darf die Abschirmung der Leitungsverbindung vom Eingang des Vorverstärkerchens zur Eingangs-DIN-Buchse auf dem Anschlussträger nur an dieser, jedoch nicht auch am Masseanschluss auf der Vorverstärkerplatine angeschlossen werden.


5. Testbetrieb

Nach einem Messdurchgang am Funktionsgenerator und Oszilloskop wurde der ELV500 in Kombination mit dem ESV400 über mehrere Tage und Stunden hinweg einem ausführlichen Probebetrieb an einem CE251 mit SWR1 unterzogen.
Er verlief absolut störungsfrei; alle Funktionen waren im Soll und blieben stabil.


Hier noch zwei Fotos vom ESV400 und ELV500 während des Probebetriebs, gefüttert von meiner Steckdose und einem CE251:

Der ESV400:
k-IMG_0448.JPG
Und der ELV500:
k-IMG_0449.JPG
Das alles geschah am 07.01.2022 (und davor)

Viele Grüße

Heinrich

andreas schnadt
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Re: Reparatur einer ELA-Endstufe ELV500

#2 Beitrag von andreas schnadt » 07.01.2022, 18:27

Gratulation! Das ist mal wieder eine Lehrstunde in Sachen Restaurierung und Umbau! Ich lese Deine Beiträge immer mit Freude und großem Respekt!
Herzliche Grüße Andreas
Viel Freude beim Hören !

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Re: Reparatur einer ELA-Endstufe ELV500

#3 Beitrag von Paparierer » 07.01.2022, 22:45

Toll Heinrich, wirklich toll!!!
Ich kann nur - Staunen.
Und das tue ich gern und mit echter Freude.

Viele Grüße,
Gereon

P.S. Natürlich will ich Deinen Beitrag nicht vergessen, Ede - klasse Basis!!
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meistens ist es was mechanisches...
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The price of anything is the amount of life you exchange for it.
Henry David Thoreau

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ede
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Re: Reparatur einer ELA-Endstufe ELV500

#4 Beitrag von ede » 08.01.2022, 19:03

Lieber Heinrich,

ich schließe mich meinen Braunfreunden an

vielen, vielen Dank für deine Hilfe.

LG. Ede

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Georgio
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Re: Reparatur einer ELA-Endstufe ELV500

#5 Beitrag von Georgio » 10.01.2022, 00:17

Lieber Heinrich,
mal wieder ein "Bilderbuch-Reparaturbericht" von Dir, den ich mit Begeisterung und ehrlicher Achtung gelesen habe.
Edes mechanische Vorarbeit und Dein elektrisches Wissen ergeben ein tolles Ergebnis. Denke, Ihr könnt stolz auf das "neue" Gerät sein.
:respekt: Georgio
FAIR geht vor!

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