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von fnerstheimer » 29.12.2017, 12:48
ja, natürlich gab es mehrere "echte" Quadrogeräte aus deutscher Produktion, und zahllose Stereogeräte, die irgendwelche Quadro-Effektschaltungen als Gadget eingebaut hatten. Wenn man sich aber ansieht, was es aus Japan und den USA gegeben hat, sieht man schnell, dass die deutschen Hersteller nie wirklich auf den Zug aufgesprungen sind - und das zu Recht, wie man in Japan/USA schnell sehen konnte.
Dein ELAC Receiver ist eigentlich das beste Beispiel dafür - er wurde von Körting fremdgefertigt, es gab ihn auch als Siemens 4-Kanal-Studiomeister, er hatte keine vier gleichen Eindstufen, wie es für Quadro eigentlich nötig war, sondern nur kleine Hilfs-Endstufen für hinten, wie es damals aus Kostengründen oft gemacht wurde. Eingebaut war ein SQ-Decoder, ein Quadroverfahren, das sich technisch einfach und stereokompatibel realisieren ließ, was aber vom Effekt nicht wesentlich besser war, als die Trickschaltungen, die Stereomaterial etwas räumlicher machten. Ein Platz für ein CD4-Modul war immerhin vorgesehen, meines Wissens gab es das aber nie zu kaufen.
Während man in Japan in den wenigen Quadrojahren intensiv an Verfahren und Decodern entwickelte, und eigentlich jeder große Vierkanal Receiver auch Decoder für echte Quadro-Verfahren eingebaut hatte, gab es in Deutschland nur Kisten wie den CD4 von Braun, die im Wesentlichen alle aus der gleichen JVC-Platine bestanden.
Vollwertige vierkanalige Magnetbandgeräte gab es im Consumer-Segment überhaupt keine aus deutscher Produktion, mir sind nur ein paar Revox A77 bekannt, die händisch umgerüstet wurden. Für das Braun TG1000 gab es einen Nachrüstsatz, der aber nur das Abspielen quadrofoner Bänder erlaubte. Wahrscheinlich wurde er für den US-Markt entwickelt, weil man da fertig bespielte Quadro-Bänder kaufen konnte, in Deutschland hätte man sich ein japanisches Vierkanal Tonbandgerät danebenstellen müssen, um sich überhaupt Bänder für das TG1000 anfertigen zu können.
Während in den USA die 8-Spur-Cassette aufkam, die schon für Quadro-Bedürfnisse entwickelt wurde, quälte man sich bei Philips mit dem Dogma der vollen Kompatibilität herum. Ein Vierkanal Cassettendeck wäre kein Problem gewesen, wenn man in Kauf genommen hätte, dass die Cassette dann nur in eine Richtung bespielbar gewesen wäre. Philips wollte aber volle Stereokompatibilität, und die dafür nötigen acht Spuren waren mit Compact Cassetten in HiFi damals nicht machbar. Ein schönes Beispiel, wie weit das Ganze schon gediehen war, ist das Dual Tapedeck C901. Das C901-Chassis besitzt schon Aussparungen für zwei weitere VU-Meter und weitere Schieberegler, es ist aber wohl kein serienreifer Prototyp entstanden, und Unterlagen von dem Projekt existieren auch nicht mehr.
Mir ist auch nicht bekannt, dass es CD4-Schallplatten so im Laden zu kaufen gegeben hätte, dass sie einem Kunden wirklich aufgefallen wären. Das einzige, was es in größerer Menge gab, waren SQ-Schallplatten, und Pressungen, wo gar nichts über das verwendete System draufstand, sondern nur Begriffe wie "Quadrosound". Gemerkt hat es eh niemand, denn der Klangunterschied zwischen einer SQ-Platte und einer mit "Quadroeffekt" abgespielten Stereoplatte ist kaum wahrnehmbar. Die für CD4 entwickelten Verfahren zur Erweiterung des Frequenzbereiches der Schallplatte sind dann später bei High End Schallplatten noch zu einen gewissen Ruhm gekommen - Techniken wie Half Speed Dubbing und Nadelschliffe wie Shibata oder Van den Hul sind seinerzeit nicht für Goldohren erfunden worden, sondern, um die hohen Frequenzen für CD4 auf die Platte zu bekommen und sie hinterher wieder abtasten zu können.
Für Quadro war damals einerseits die Zeit noch nicht reif, und andererseits war es ein frühes Beispiel dafür, was passiert, wenn sich die Industrie nicht zeitnah auf eine gemeinsame Technologie einigt.
Gruß Frank
@Hans-Peter: SQ-Quadro konnte man mit jedem Stereo-Plattenspieler hören, auch mit einem "einfachen" PS500. Diese Stereokompatibilität war der Grund, weshalb sich SQ noch am längsten halten konnte - man tat ja keinem Stereohörer weh, wenn man ihn zwang, SQ-Platten zu kaufen. Das Problem war wie schon weiter oben beschrieben der quasi nicht vorhandene Effekt.
@cnorholz: Danke für die Ausführungen. Was mich dann aber wundert - ich habe lt. Typenschild einen PS500, der definitiv einen Steckverbinder im Inneren hat, und auch mit dem Braun Cinch-Kabel bestückt ist. Andererseits habe ich wie oben bereits geschrieben ganz am Anfang meiner Suche einen Plattenspieler zu sehen bekommen, der ein Typenschild PSQ500 trug, aber mit einem Shure M75 und dem DIN-Kabel bestückt war, nach dem Steckverbinder habe ich damals nicht geschaut, es sah mir aber nicht so aus, als ob der Plattenspieler erst nachträglich auf stereo umgebaut worden war. Zum Tonbandgerät - war es denn nicht so, dass Braun nur die Nachrüstsätze verkauft hat, und die Geräte dann beim Händler umgebaut wurden ? Gab es TG1000, die ab Werk schon mit dem Nachrüstsatz bestückt waren ?
"Man will halt immer das, was die anderen haben, bis dann alle das haben, was die anderen haben und dann wollen alle wieder das, was dann keiner mehr hat"