R4 Revision - RESET Schaltung und Prozessorbox kühler kriegen

Sämtliche Gerätetypen Braun atelier
Antworten
Nachricht
Autor
JanisW
Neuling
Neuling
Beiträge: 1
Registriert: 09.05.2020, 15:06

R4 Revision - RESET Schaltung und Prozessorbox kühler kriegen

#1 Beitrag von JanisW » 29.04.2021, 23:46

Hallo Zusammen,
ich widme mich erneut dem Thema die Prozessorbox Kühler zu kriegen, da ich am Kühlkörper der Prozessorbox nach 5h Betrieb 72°C gemessen habe! Das musste ich ändern, dank Corona hatte ich zuletzt ein bisschen Zeit dafür :) Ich hole ein bisschen aus, auch zum Thema RESET-Schaltung, einfach weil ich es interessant finde.
Der Ansatz DC/DC Wandler einzusetzen ist nicht neu, also warum nochmal ein Topic eröffnen?
  • Ich nutze die sehr einfach handlebaren „Tracowandler“ und denke damit, dass der Ansatz wesentlich einfacher ist als die bisher hier gezeigten. Außerdem ist es das Jahr 2020, und die Anderen Beiträge sind schon so 6-10Jahre alt :)
  • Zudem erläutere ich was mit Einsatz eines solchen DC/DC Wandlers und dem RESET-Signal zu beachten ist.
  • Also erwartet nicht Zuviel, das von mir beschriebene ist sicherlich nicht für Jeden unter uns die bessere Lösung im Vergleich zu den anderen bekannten (hauptsächlich aus dem Beitrag R4 Revision von Uli). Für mich taugt sie jedoch.
Also dann mal los!

Die Übeltäter sind bekanntlich IC 706 und T 717. Beide verheizen im Betrieb mit gemessenen 500mA Stromverbrauch der Prozessorbox ca. (15V-6V)*0,5A = 4,5W(!) allein an Abwärme. Zudem wird die Box durch die Endstufe schön auf Temperatur gebracht und die Dioden vor und dahinter (durch die derselbe Strom fließt) „leisten“ auch ihren Teil (0,7V*0,5A=0,35W pro Diode..).



1. IC 706
Nun, die Fa. Traco Power bietet integrierte DC/DC Wandler als fertige Bauteile für ca. 6-10€ bei den bekannten Distributoren, basierend auf dem Schaltregler Prinzip. Dies verspricht ca. 93% Effizienz lt. Datenblatt, das klingt doch schonmal solide! Prinzipiell haben sie identisches Pinout zu LM78xx Linearreglern, sind also für den direkten Tausch geeignet – eigentlich.
D727 und D728 machen uns hier einen Strich durch die Rechnung. Ihr Sinn ist die 5V Ausgangsspannung des Linerarreglers LM 340T5 (modernes Äquivalent: LM7805) auf 6,2V anzuheben. Bei einem DC/DC Wandler funktioniert dieser Trick 17 leider nicht, dieser braucht ein echtes GND um zu arbeiten.

Um den Umbauaufwand möglichst gering zu halten, brauchen wir demnach einen Wandler mit 6,2V Ausgangsspannung. (Natürlich wäre 5,5V noch besser, das würde ein paar (Heiz-)Dioden sparen, aber 5,5V Festspannung ist dann einfach doch zu exotisch zu beschaffen.)
6,2V ist ebenfalls exotisch, also der nächsthöhere Schritt:
Meine Lösung ist also der Einsatz eines TSR 1-2465 (U1 im folgenden Schaltplan) mit 1A max. Strom (oder etwas Vergleichbarem) und einer Schottky Diode z.B. 1N5819 (D1 im folgenden Schaltplan) in Serie. Die Schottky hat ca. 0,4V Vorwärtsspannung (Mist, wieder 0,2W Abwärme, naja sei´s drum). Zugegeben, das widerspricht etwas meiner Motivation die Temperatur so richtig runterzukriegen, aber auf der anderen Seite ist es einfach praktikabel und macht den Braten nicht fett :) Parallel zum Ausgang des Wandlers (so nah wie möglich an die Pins) noch ein Elko um die 1uF (C1 im folgenden Schaltplan) und damit ist IC706 schon ersetzt.

Den alten IC 706 habe ich einfach im Gehäuse gelassen. Die Zuleitung 1 & 3 lassen sich super wiederverwenden, D1 & C1 hinzufügen, Pin 2 mithilfe einer neuen Leitung irgendwo an GND legen (z.B. an die Kathode von D728 anlöten) und fertig. Das Ganze in einen Schrumpfschlauch und schon verschwindet das Päckchen in der Prozessorbox.
An Pin 3 messe ich nun 6,1V. Passt.

Bild
Schaltplan mit markierten Änderungen
Bild
Der DC/DC Wandler an den Anschlussleitungen des alten Linearreglers.



2. T 717
Der NPN BJT ist parallel zu IC706 dafür zuständig, 5V für die Display-Versorgung bereit zu stellen. Er wird quasi von IC706 „gesteuert“, vielmehr ist seine Emitter Spannung einfach seine Basisspannung minus 0,7V (Vorwärtsspannung über der Basis-Emitter Diode). Mit D730 wären wir also bei 5V. Auch hier, T717 produziert viel Abwärme.

Der DC/DC Wandler packt 1A, d.h. wir brauchen diesen Helfer-Transistor nicht mehr, sondern können einfach über eine weitere Schottky Diode z.B. 1N5819 (D2 im obigen Schaltplan) aus den 6,1V über 5,7V die benötigten 5V zaubern. Dazu einfach Leitung 5 & 6 vom T717 ablöten und mit D2 ersetzen.

Bild
DC/DC Wandler und Diode D2 verpackt in Schrumpfschlauch.

Diese Lösung umgeht den Sicherungswiderstand R741. Ich bin der Meinung dieses „Risiko“ ist vertretbar, da erstens der Tracowandler kein Billigteil ist (sondern Industrietauglich) und demnach kein Defekt und keine Überspannung am Ausgang zu erwarten ist. Zudem ist bei ca. 2A Schluss. Viel früher würde auch dieser „Sicherungswiderstand“ nicht auslösen. Also passt auch.



3. RESET-Schaltung
Nach dem Umbau habe ich festgestellt, dass mein R4 wieder den gefürchteten Sender-Speicherverlust hat! Och nö, das gibt’s doch nicht, habe ich etwa die frisch getauschte Goldcap abgeschossen? Kann eigentlich nicht sein…
Also messen. Was ist plötzlich los?

Das Geheimnis liegt in der Reset-Schaltung. Kleiner Exkurs:
Diese besteht aus T716, C739, C736, D742 und umliegenden Teilen. Sie sorgt bei einem Netz-Ein dafür, dass ca. 500ms ein 5V Impuls an Pin 49 des Prozessors (RESET Eingang) anliegt und damit einen Neustart des Radios auslöst. Den Rest der Zeit ist dieses Signal immer auf 0V „Low“. Beim Einschalten begrenzt D729 den Spannungsteiler R740 (22k) & R742 (100k) auf 5,1V, für RESET „High“. Währenddessen wird C739 über R738 und die Zenerdiode D726 aufgeladen, und weiter C736 über D737 + D738 aufgeladen. Nach ca. 500ms schaltet T716 ein, und legt damit Masse auf die RESET Leitung. (Der größere C739 ist hierbei zeitbestimmend. Tau von C739 und R738 ist zwar 2,2s, man beachte aber, dass T716 schon bei 0,7V schaltet. 0,7V entspricht über D737 und D738 also ca. 2,1V an C739. C739 wird auf ca. 6V geladen. Daher kommen also grob die 500ms trotz Tau = 2,2s.)

Bild
Reset(gelb) und NWI(türkis) Signal bei Netz-Ein

Bei Netz-Aus geht das NWI Signal sofort auf 0V, kurz bevor die gepufferte Versorgungsspannung einbricht. Das NWI-Low Signal gibt dem Prozessor Zeit, seinen Ruhezustand einzuleiten (über Pin 19 des Prozessors), bevor seine Versorgungspannung einbricht. Zudem entlädt dieses NWI = 0V Signal auch noch nebenbei C739. Dies ist nötig um bei sehr kurzer Netz-Unterbrechung trotzdem zuverlässig einen erneuten Reset bei Netz-Ein auszulösen. Soweit der Idealzustand.


Also jetzt wirklich, was ist denn jetzt das Problem?
Durch den Einsatz des DC/DC Wandlers wird - im Gegensatz zu den ursprünglichen Linearreglern - der Puffer C736 nicht schnell, und tief genug entladen. (Siehe rote Kurve, gemessen an Pin 1 des DC/DC Wandlers.) „Ein“ bei ca. 16V, nach „Netz-Aus“ Abfall nur auf 6,5V. Dies liegt am Tracowandler, der bei 6,5V aufhört zu takten. Es fließt kein Strom mehr, die Spannung bleibt auf 6,5V liegen. (Die Linearregler zuvor haben einfach stumpf weitergesaugt, Strom am Ausgang wurde sowieso verbraten, also waren wir sehr schnell auf 0V.)

Bild
Versorgung des DC/DC Wandlers (rot) und Reset Signal (gelb) vor Korrektur führt zu Speicherverlust beim Abschalten.

Warum ist das nun ein Problem?
Die gelbe Kurve zeigt den Verlauf des Reset Signals. Ca. 130ms nach Netz-Aus steigt dieses plötzlich an! Das soll es natürlich nicht tun, denn der Prozessor ist mit dem Ruhezustand beschäftigt. Jetzt ein Reset bringt den Ruhezustand durcheinander, bevor er sich fangen kann bricht die Versorgung endgültig ein und der Speicher ist hinüber. (Etwas flapsig ausgedrückt aber so grob dürfte das hinkommen.). Nochmal kurz zusammengefasst: Reset soll eigentlich NUR bei Netz-Ein kurz anliegen, liegt aber nun auch beim Ausschalten an! Und damit sehr ungünstig für Schlafen gehen des Prozessors.

Woher kommt das ungewollte Reset Signal zum Ausschalt-Zeitpunkt?
Der Anstieg vom RESET Signal liegt daran, dass das NWI Signal erstens C739 entlädt (ziemlich zügig, da ohne seriellen R) und nach den besagten 130ms daher die Basisspannung von T 716 soweit abgefallen ist, dass T716 sperrt. Damit liegt nun die verbleibende Eingangsspannung (an Pin1) über den Spannungsteiler R740 & R742 auf RESET an. Im Screenshot sind zwei Szenarien abgebildet:
Netz-Aus aus dem Betrieb (Power Off from On):
Hier saugt der hohe Strom im Betrieb den Puffer schneller leer bis 6,5V (an Pin 1, rote Kurve), zeitlich ganz knapp bevor T716 zu sperren beginnt. Theoretisch kommen wir dann mit 6,5V*100k/122k auf 5,3V auf der Reset-Leitung (gelb). Gemessen auf knappe 4,7V. Beides genug, um einen verhängnisvollen Reset einzuleiten.
Netz-Aus aus dem Standby (Power off from Standby):
Hier ist der Strom niedriger, der Puffer leert sich langsamer (ebenfalls bis 6,5V). T716 beginnt zu sperren, diesmal sogar bei noch höherer verbleibender Eingangsspannung. Dies bewirkt den zusätzlichen kleinen Buckel bis knapp 5V, also auch genug, um einen ungewollten Reset einzuleiten.
(Auch der Netz-Ein ist dargestellt:
Die 500ms RESET-Impuls mit 5V sind gut zu erkennen. Eigentlich sollten sie natürlich von 0V ansteigen.)

Das Verhalten ist natürlich schlecht! Also zur Lösung:
Durch Anpassen des Spannungsteilers lässt sich der Puls bei T716-aus ganz einfach verkleinern. Ein Widerstand 10k (R2 im obigen Schaltplan) parallel zu 100k R742 macht aus dem Teiler einen 9k zu 31k (22k+9k) Teiler.

Bild
Versorgung des DC/DC Wandlers (rot) und Reset Signal (gelb) nach Korrektur. Alles funktioniert wie es soll.

Aus den übrigen 6,5V (wohlgemerkt gegeben durch die Wahl des DC/DC Wandlers!) werden also 1,9V im Szenario 1 und 3,5V im Szenario 2 (bei ca.12V nach 130ms an Pin 1 im PowerOff from Standby-Fall).
Die 3,5V sind gerade noch ok, niedriger wäre besser. Dies ließe sich durch Vergrößern von C737 erreichen. Damit dauert es länger bis T716 zu sperren beginnt, daher wären wir im sicheren 6,5V-Hafen mit der bekannten 1,9V Spitze, und das zählt zuverlässig als „Low“-Signal. (Falls das mal jemand realisiert, einfach mal ein Kommentar da lassen.)

Der RESET-Impuls bei Netz Ein sinkt durch den neuen Spannungsteiler natürlich auch. Er liegt bei mir mit 4,7V aber noch hoch genug mit ausreichend Widerstands-Alterungs-Puffer. Die 5,1V Zenerdiode D729 ist also eigentlich arbeitslos und wäre auch für den Fall dass sie dennoch mal auf 5,1V begrenzen müsste nicht korrekt ausgelegt (denn sie benötigt einen mindest-Zener-Strom, der ihr von R2 streitig gemacht wird). Da die Widerstände mit 7mW jedoch nicht nennenswert belastet sind, ist nicht von einem vorzeitigen altern auszugehen, sodass ich mit der Lösung zufrieden bin.

Ein 2k2 Widerstand parallel zu C736 (R1 im obigen Schaltplan) sorgt zudem für ein langsames Entladen von C736 nachdem der DC/DC Wandler aufhört zu saugen, und zieht die Spitzen noch etwas runter.



Soo, das wärs! Ist etwas in einen Roman ausgeartet, aber ich hoffe es war verständlich und interessiert den ein oder Anderen :beerchug:
Viele Grüße
JanisW


P.S.
Fast vergessen worum es eigentlich ging: Die Temperatur runterzukriegen! Hah!
Die gemessene maximal Temperatur ist um ca. 15° abgesunken, auf etwa 57°C. Die heißeste Stelle ist tatsächlich der DC/DC Wandler, das hätte ich eigentlich nicht erwartet. Aber immerhin, ein merklicher Rückgang.
Over and Out.

Pegasusffm
Jungspund
Jungspund
Beiträge: 19
Registriert: 28.06.2010, 10:49
Wohnort: Frankfurt

Re: R4 Revision - RESET Schaltung und Prozessorbox kühler kriegen

#2 Beitrag von Pegasusffm » 12.05.2021, 11:34

Gut beschrieben :)

Antworten