T1000 / T1000CD - Historie

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Frank Harder
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T1000 / T1000CD - Historie

#1 Beitrag von Frank Harder » 18.12.2016, 15:22

Der Weltempfänger war eigentlich ein Zufallsprodukt, da es keinen offiziellen Entwicklungsauftrag der Geschäftsführung gab. Hr Hauppenberger, seinerzeit Leiter der (Koffer-)Radioentwicklung, hat sich nebenbei an die Aufgabe gemacht, den besten und leistungsfähigsten Empfänger zu bauen, der (zur damaligen Zeit) möglich war. Was sicher kein einfaches Unterfangen war, da BRAUN zur damaligen Zeit doch schon ein großes Unternehmen war und man im Prototypenbau nur gegen Nennung eines entsprechenden Innenauftrages die Kosten abrechnen konnte.
Durch die gute Vernetzung und Hilfsbereitschaft der Kollegen, besonders des damaligen Werksleiters in der Frankfurter Straße (Name?), konnte einige wesentliche, notwendige Dinge wie der Trommeltuner angefertigt werden. Entsprechende Platinen zu zeichnen und zu ätzen war ein eher einfaches Unterfangen, da so etwas in der Radioentwicklung zum Tagesgeschäft gehörte.

Die Anordnung der Bedienelemente, Lautsprecher, Trafo etc. war eher der technischen Notwendigkeit geschuldet (Abschirmung), als dem Design, das es ja auch zum Zeitpunkt der technischen Entwicklung noch gar nicht gab. So entstand die horizontale Grundstruktur, die wir heute alle kennen.
Nur Dieter Rams war davon überhaupt nicht überzeugt, da er ein vertikales Design entworfen hatte, also Lautsprecher oben, Bedienelemente in der Mitte und die Technik im unteren Gehäuse. Schlussendlich setzten sich die Techniker durch und auf D.Rams gehen das Lautsprechergitter, die AM/FM Drehknöpfe und einige andere Details zurück. So ergab sich die Form der kleinen Drehknöpfe eher aus den vorhandenen Altwerkzeugen (im Werk Frankfurter Straße),die man aufbohrte und entsprechend der heute bekannten Form anpasste.

Übrigens sollte auf der Innenseite der Klappe eine Uhr eingebaut werden, wohl auch für die Option der nautischen Navigation mit Peilkreuz. Die Idee mit dem Peilkreuz soll wohl auf Wunsch von Erwin Braun realisiert worden sein, der ein passionierter Segler war. Für die Peilung gab es ein jeweils kleines und großes Loch in dem Metalltragebügel (nur T1000), mit denen man wie mit einem Zielfernrohr peilen sollte. Da auf See das Boot wohl nie ruhig liegt, war der praktische Nutzen eher gering.

Nun kann man sich auch fragen, warum die großen AM/FM Drehknöpfe beim T1000 anders geformt sind, als beim späteren T1000CD (CD = corps diplomatique). Da man nun die Uhr doch nicht einbaute, sondern das Handbuch, übrigens aus wasserfestem, japanischen Spezialpapier hergestellt, in der Deckelinnenseite einstecken konnte, kam es bei geschlossenem Deckel zu Situationen, das das Buch unter den Drehknopfwulst verrutschte und die erneute, normale Öffnung des Deckels blockierte. Daher kam es zu einem Re-Design und man verwendete die aus den regie-Geräten bekannten Drehknöpfe mit Rändelung (T1000CD).

Das Holzgehäuse wurde bei einer kleinen Manufaktur in Schwäbisch Gmünd (?) gefertigt, die von ausgewanderten Sudetendeutschen geführt wurde. Täglich schaffte man 20 Stück Holzgehäuse herzustellen.
Eigentlich war nur eine recht kleine Stückzahl des T1000 geplant, so daß man aus Kostengründen keine teuren Stand- oder Presswerkzeuge anfertigen lassen wollte. Daher kam man auf die Idee, das Gehäuse aus Holz herstellen zu lassen.

Die Aluminium-Tiefziehteile für die Seiten und der Deckel wurden in Berlin hergestellt. Der BRAUN-Einkauf hatte sich verschiedene Angebote eingeholt, bis es dann aber zur finalen Bestellung kam, waren mehr als sechs Monate vergangen. Mittlerweile hatte die kleine Firma in Berlin (Inhaber Hr Lehmann?), bei der man bestellen wollte, den Betrieb aus Altersgründen eingestellt und die Maschinen veräußert. Da man aber unbedingt dort bestellen wollte, vor allem auch aufgrund der guten Kenntnisse Aluminium zu verarbeiten, konnte der damalige BRAUN Einkaufsleiter den Inhaber überzeugen, doch für BRAUN zu produzieren. Er überwies 100.000DM als A-Kontozahlung auf eigene Verantwortung, um dort die Produktion mit neuen Maschinen wieder aufnehmen zu können. Schlussendlich wurden dort alle T1000/T1000CD Alugehäuseteile hergestellt.

Bei einem Geschäftsbesuch des Berliner Fabrikanten bei BRAUN legte dieser auf eigene Initiative entstandene Gehäuseteile in vier verschiedenen Farben zu jeweils drei vollständigen Gehäusesätzen vor. Es soll sich um schwarz, dunkelrot oder weinrot, goldeloxiert und einer weiteren, vierten Farbe gehandelt haben. Die Existenz der schwarzen Gehäuse ist ja bekannt, der Verbleib der übrigen andersfarbigen Gehäuseteile ist unklar.

Der Verkauf des T1000 verlief unerwartet gut, ein großer Teil wurde von Botschaften oder Konsulaten erworben, die mit dem Gerät die heimischen Sender hören konnten. Erst später wurde das Gerät auch bei Privatleuten besser angenommen, da der Verkaufspreis von 1400DM zur damaligen Zeit für Viele fast unerschwinglich war.

Die ersten 100 Geräte (oder 1000?) hatten eine weiße Skala, die dann aber durch die heute überwiegend zu findende dunkelgraue ersetzt wurde. Erst später wurden dann wieder einige Geräte mit weißer Skala für die US-Armee in Vietnam produziert.


Anmerkung:
Diese Details entstammen aus dem Gespräch mit Hr Hauppenberger, es wurden keine schriftlichen Notizen gemacht. Ich hoffe das ich alles korrekt wiedergegeben haben, es kann aber sein, daß das ein oder andere Details etwas anders war. Das große Bild sollte aber stimmen. Ich werde versuchen, bei nächster Gelegenheit die Details zu überprüfen. Anmerkungen und Korrekturen sind willkommen.

Quelle: Gespräch Harder/Hauppenberger in BRAUN Sammlung am 13.12.2016
orig. AC701/AP701/P701 0-Seriengeräte mit SM2150

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raimund54
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Re: Historisches zum T1000 / T1000CD

#2 Beitrag von raimund54 » 18.12.2016, 16:04

Hallo frank,

vielen Dank für Deinen Bericht über hintergründiges und historisches zum T 1000. Er stand lange auf meiner Wunschliste der Braungeräte, war mir aber immer zu teuer.

Schöne 4. Advent und liebe Grüße aus Darmstadt

Raimund

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Re: Historisches zum T1000 / T1000CD

#3 Beitrag von v/d/b » 18.12.2016, 17:00

Moin Frank,
schöner Bericht!
Da ärgere ich mich doch direkt, dass ich Dienstag keine Zeit gefunden habe nach Kronberg zu kommen :(

Viele Grüße
Thomas

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Re: Historisches zum T1000 / T1000CD

#4 Beitrag von brauni » 19.12.2016, 00:49

Hallo Frank

Spannende Geschichte; danke!
Wenn die Verantwortlichen heute sowas durchziehen würden, hätten sie vermutlich keinen Job mehr... :-D 8)
Zum Glück waren sie so entschlossen und haben es durchgezogen, sonst würden wir dieses schöne Gerät nicht kennen...


Wünsche euch allen schöne Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr! :lob:
Doni


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Re: Historisches zum T1000 / T1000CD

#5 Beitrag von henry2 » 19.12.2016, 08:41

Hallo Frank,

danke für Deinen interessanten Bericht über den T1000. Dessen Entstehungsgeschichte und Werdegang wäre sicherlich heute in dieser Form kaum mehr möglich. Gut, dass er trotz der vielfältigen Hindernisse so verwirklicht werden konnte. Dieses Gerät (vorzugsweise die CD-Version) steht auch schon lange auf meiner Wunschliste, aber leider geht es mir damit genauso wie Raimund: Es war (und ist mir noch immer) einfach zu teuer. Das muss man einfach aushalten...

Ich wünsche Euch allen ein schönes Weihnachtsfest und alles Gute fürs kommende Jahr 2017.

Viele Grüße

Heinrich

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Re: Historisches zum T1000 / T1000CD

#6 Beitrag von tomjorg » 19.12.2016, 10:24

Moin Frank,

auch von mir vielen Dank für Deine Aufzeichnung dieser Hintergrundinformationen! Der T 1000 CD ist bei mir, in der warmen Jahreszeit, das meistgenutzte Gerät, da spielt dieser den ganzen Tag auf der Terrasse!

Tatsächlich hatte ich die Löcher am Tragebügel des T 1000 gelegentlich schon gesehen, ohne einen Sinn dafür zu erkennen, daß sie unterschiedliche Durchmesser haben, fiel mir nie auf! Einen "Nutzen", wie von Dir beschrieben, hätte ich nie erwartet! Unverständlich bleibt mir, warum man, den schönen und stabilen, dauerhaften Griff später durch die Lederversion, mit begrenzter Haltbarkeit, ersetzte? Der T 1000 wurde seinerzeit tatsächlich gerne, wie auch der Grundig Satellit, von Sportbootfahrern eingesetzt, Salz- / Wasser und Leder sind keine gute Kombination. Wahrscheinlich war der Metallbügel teurer in der Herstellung!

Schade, Herr Hauppenberger hätte eventuell auch eine Antwort auf meine Frage, die ich hier vor geraumer Zeit mal postete, gewußt:

Mich wundert / ärgert, beim Batteriewechsel, jedesmal, wieso das Batteriefach, mit zwei Schrauben mit recht langem Gewinde verschlossen wird, während der große Teil der Rückwand, der normalerweise erheblich seltener geöffnet werden muß, praktische Bajonettverschlüsse hat?

Viele Grüße
Thomas
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