Matteo Thun über Braun Design

Allgemeines zu den Themen Bauhaus, HfG Ulm usw.
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Arthur
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Matteo Thun über Braun Design

#1 Beitrag von Arthur » 30.01.2015, 14:20

Hallo zusammen!

Nachdem diese Rubrik "Design" eingerichtet wurde, denke ich, dass der nachfolgende Buchauszug von Interesse sein könnte. In dem Buch "Menschen in Hotels" kann man auf den Seiten 89 bis 93 einige Statements des Designers Matteo Thun lesen. Auszugsweise heisst es dort:

Matteo Thun ist die Subtraktion eines Vornamens. Eigentlich heißt dieser Mann Matthäus Graf Thun-Hohenstein. Die Subtraktion ist Prinzip. In seinem Namen, in seinen Arbeiten, in seiner Art, sich zu kleiden. …
Seine Sprache hat er um Füllwörter subtrahiert, er sagt Sätze wie: »Die Ideen für meine Entwürfe habe ich auf der Toilette. Oder unter der Dusche bei kaltem Wasser.« Er lacht dabei. Subtrahiertes Lachen. …
Das Vigilius Mountain Resort hat er entworfen. Es ist aus 300 Jahre altem Holz gebaut und liegt wie ein gefällter Baum auf dem Vigiljoch, 1500 Meter über der Südtiroler Stadt Meran; man gondelt mit einer Seilbahn nach oben. Matteo Thun interpretiert mit diesem Haus die Seele des Ortes. Südtirol im besten Sinne. Natur und Natürlichkeit. …
Wenn Matteo Thun über Südtirol spricht, dann spricht er immer auch über sich selbst. Er wurde als Sohn eines Keramikfabrikanten geboren, Bozen 1952. Seine Wiege stand in einem Schloss. ….
Für ihn sei die Zeit vorbei, in der Akquisitionen mit Titeln vorgenommen wurden. Es sei irrelevant, dass er aus einer alten Fami¬lie komme, dass er mit 30 Jahren jüngster Hochschulprofessor gewesen sei, dass er zuvor das Studium mit summa cum laude abgeschlossen habe. Es sage nichts über seine heutige Arbeit aus. Allerdings sagt seine Promotionsarbeit viel über ihn aus: Ein aus modernen Materialien gefertigter Nachbau einer von Leonardo da Vinci skizzierten Flugmaschine, inklusive eines Videobandes vom Probeflug über den Dächern von Florenz. Der Akademiker Matteo Thun wird zum Überflieger. Als promovierter Ikarus zieht er - 23 Jahre alt - nach Los Angeles und genießt die Schwerelosigkeit mit einem Hängegleiter. Nach einem Jahr der Luft und Liebe trifft er auf Ettore Sottsass. Der Meister des Designs holt ihn auf den Boden zurück. …
Die beiden werden Freunde. Mit zwei weiteren Kollegen verbünden sie sich zum Großangriff auf die Dogmen des Designs, pfeifen auf Nüchternheit und Sachlichkeit, entwerfen Produkte, die nicht nur funktionieren, sondern auch ein Herz haben. »Memphis« nennen sie den neuen Stil. Die schlichte Klobürste wird zum Spaßobjekt, knallbunt Später wird Thun auch einen Angriff auf die Dogmen der Hotelerie starten.

Memphis war eine gymnastische Ubung, um zu sehen, wie weit ich gehen kann, sagt Thun. Ikea ließ seine Kaffeetassen eins zu eins nachbauen …
Heute ist es ihm ein wenig peinlich, dass er für Swatch Uhren kreierte und selber für einen Moment glaubte, für 50 Mark könne man sich ein Stück Individualität kaufen. »Allerdings habe ich in 12 Jahren Art-Direktion bei Swatch gelernt, mich als Stilhure opportunistisch zu bewegen. Wir gestalten heute ein Hotel pro Monat. Ich versuche den Investor zu verstehen und bin moralisch verpflichtet, den finanziellen Erfolg der Produkte sicherzustellen.«

Ob es Designobjekte gibt, die er so richtig missglückt findet' Ja, sagt er, der schwarze Braun-Wecker, den Dieter Rams entworfen hat. »Er mag ergonomisch perfekt sein, er mag Beleuchtung garantieren, er mag mit den Ziffern ein Max-Bill-Geschenk vom späten Bauhaus sein - doch die Kombination ist eine totale Seelenlosigkeit. Dieses Objekt ist wie ein Frau ohne Vagina.«

Man merkt sehr schnell, dass Ästhetik für ihn eine philosophische Disziplin ist, mehr als die Reduzierung auf das Schöne und Funktionale. Es ist für ihn die Thematisierung der Wahrnehmung jeglicher Art, der sinnlichen etwa, der geistigen, der alltäglichen oder der künstlerischen. Er schaut freundlich entsetzt, wenn man seine Hotels wie etwa das SIDE in Hamburg als minimalistisch bezeichnet. »Ich bin meilenweit weg vom Minimalismus,« sagt er, »Minimalismus war in den 90er Jahren im Bereich des Designs ein Ausbruch von Gefühlskälte und Ideenleere«. Less is more habe sich zu less is a bore entwickelt, Wenig ist Langeweile.


Eins möchte ich klarstellen: Diese Ansicht über das Design vom AB1 teile ich nicht. Es mag aber von Interesse sein, wie Dieter Rams von einem seiner erfolgreichen "Kollegen" beurteilt wird.
Ich bin gespannt auf Eure Kommentare.

Viele Grüße
Arthur

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#2 Beitrag von Tamsel Tamansari » 30.01.2015, 15:13

das muß man doch im Kontext zur Zeit sehen.
Es gab Gelsenkirchener Barock und eine aufstrebende Mittelschicht die sich emanzipiren wollte.
Raus aus dem Mief der Alten mit Spitzendeckchen und "Mir gehts Gut Zigarre"
Da war uns Dieter R. der geniale Hohepriester.

Nicht umsonst konnten sich Braun Produkte nur Zahnärzte, Architekten und Rechtsanwälte leisten.
Was sich auch in der Wahrnehmung der "Breiten Masse" manifestierte.
Design war hip - die Technik eher unterdurchschnittlich.
Die echten HiFiisten hatten für Braun nur ein mitleidiges Lächeln übrig.

Insofern - was will uns der Autor sagen?
Is doch total überflüssig.

Noch 2 Lehrsätze von "damals"
Form follows Function
und
Hässlichkeit Verkauft sich schlecht R. Loewy

Da hat uns Dieter doch alles richtig gemacht.

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#3 Beitrag von gstae » 30.01.2015, 17:31

. . . nur zur richtigstellung. wenn es sich um die ab1 handelt.
das design ist von dietrich lubs. eine schlicht einfache, funktionale
analoguhr. ich wüsste nicht was ein designer daran verbessern
kann. verändern ja.
gruß
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Re: Matteo Thun über Braun Design

#4 Beitrag von v/d/b » 30.01.2015, 21:06

Der Matteo macht aber auch wirklich schöne Sachen.
Link

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#5 Beitrag von Paparierer » 30.01.2015, 23:34

au weia

Ich trinke gern und viel Tee, und zwar keinen aromatisierten "Blümchen"-Tee. Das DING ist völlig ungeeignet. Punkt.

Gruß, Gereon

P.S. ...und sieht scheußlich aus.
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Re: Matteo Thun über Braun Design

#6 Beitrag von simon » 31.01.2015, 09:32

Moin Arthur,

du schriebst: "Diese Ansicht über das Design vom AB1 teile ich nicht". Bist Du sicher, daß Thun den AB1 meinte, als er den "schwarze[n] Braun-Wecker, den Dieter Rams entworfen hat" als mißglücktes Design brandmarkte? Der ist nicht nur nicht von Rams, wie bereits richtiggestellt wurde, sondern hat meines Wissens auch keine Beleuchtung, die aber von Thun angeführt wird.

Da Du das Buch, aus dem Du zitierst, wahrscheinlich besitzt: Steht da irgendwo ausdrücklich, welchen Wecker Thun eigentlich kritisiert?

Schönes Wochenende, Simon

P.S.: Nur am Rande sei angemerkt, daß Max Bill doch eher der HfG Ulm als dem "späten Bauhaus" zuzuordnen ist.

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#7 Beitrag von Tamsel Tamansari » 31.01.2015, 09:45

ZITAT:
»Minimalismus war in den 90er Jahren im Bereich des Designs ein Ausbruch von Gefühlskälte und Ideenleere«. Less is more habe sich zu less is a bore entwickelt, Wenig ist Langeweile.
ZITAT ENDE

war das nicht die Kernaussage?

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#8 Beitrag von Paparierer » 31.01.2015, 10:15

vielleicht ist ja der phase1-Wecker gemeint.

Die einen mögen es gefühlskalt und ideenleer bezeichnen; für mich ist so ein "ruhiges" Design ungemein entspannend, da es nicht permanent nach Beachtung schreit - im Sinne von: "schau her, was ich für eine tolle Design-Idee hatte!"
Gruß, Gereon
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Re: Matteo Thun über Braun Design

#9 Beitrag von wickerge » 31.01.2015, 10:43

Hallo zusammen,
Ich bin dem Link von Thomas mal gefolgt. Das jemand, der solche Sachen entwirft, sich mit dem Design von Rams bzw Braun nicht anfreunden kann, ist nachvollziehbar. Design ist heute immer mehr Mode, und Mode lebt vom sich Absetzen vom vorherigen (im Extremfall vom Protest dagegen).

Herzliche Grüße
Gerhard

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#10 Beitrag von v/d/b » 31.01.2015, 12:57

Moin Tamsel,
»Minimalismus war in den 90er Jahren im Bereich des Designs ein Ausbruch von Gefühlskälte und Ideenleere«. Less is more habe sich zu less is a bore entwickelt, Wenig ist Langeweile.
Das mag ja jeder sehen wie er will und darf es natürlich auch.
Ich selbst bin nun kein Design Spezialist, aber mich hat minimalistisches Design auch in den 90ern nicht gelangweilt.
Gerade im Kontext von Ideen wie dem ersten iMac, dem Harlekin Polo, übergroßer Sonnenbrillen und abstruser Schulterpolster.
Aber ich kann auch mit den meisten Dingen von Colani oder Hunderwasser nichts anfangen.
Die verlinkte Teekanne erscheint mir persönlich wie ein planloser Mix unterschiedlichster Formen, Materialien und Farben.
Andere mögen das völlig anders empfinden.
Tamsel Tamansari hat geschrieben: Die echten HiFiisten hatten für Braun nur ein mitleidiges Lächeln übrig.
Was sind denn "echte" HiFiisten?

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#11 Beitrag von majestix68 » 31.01.2015, 14:28

Die Teekanne ist nicht Design, sondern Kunst und die darf alles, im Gegensatz zu Design. Das ist für mich der gravierende Unterschied zwischen Kunst & Design.

Design muss Kunst & Nutzen ( im Sinne von gebrauchen, benutzen, nutzen, verwenden ) miteinander verbinden.

Und das haben Dieter Rams, Hans Gugelot, Herbert Hirche, Hans G. Conrad, Otl Aicher u.a. bei Braun hervorragend umgesetzt. Matteo Thun meines Erachtens nur als er noch bei swatch gearbeitet hatte und hauptsächlich, bei der Gestaltung seiner ar­chi­tek­to­nischen Projekte, wie das Waldkrankenhaus Eisenberg oder das Biomasse-Heizkraftwerk in Schwendi.

Aber wie immer liegt das im Auge des Betrachters und ist persönlicher Natur, denn Geschmäcker sind verschieden und das ist gut so.

Somit sind braun Geräte für mich gutes Design, denn sie verbinden meine Leidenschaft für Musik & Kunst.

greetz René

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#12 Beitrag von v/d/b » 31.01.2015, 14:42

Hallo René,
eine Teekanne ist eine Teekanne, ist eine Teekanne.
Was machte diese spezielle Kanne jetzt zur Kunst?
Ist jeder Gebrauchsgegenstand, den man nur noch mit Mühe gebrauchen kann Kunst?
Oder hat Thun diese Kanne etwa selbst als Kunstwerk bezeichnet?

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#13 Beitrag von majestix68 » 31.01.2015, 14:52

Daher sind solch gestaltete Gebrauchsgegenstände, die man nur noch mit Mühe gebrauchen kann, meines Erachtens eher Kunst als Design.

In der Kunst darf der Künstler alles ausdrücken was er empfindet, wie er die Dinge sieht. Im Design, oder als Designer, darf er aber nie die Funktionalität
aus dem Blick verlieren.

greetz René

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#14 Beitrag von v/d/b » 31.01.2015, 15:02

Hallo René,
was den Kunstbegriff und deren Freiheit angeht, kann ich Dir folgen.
Ist die Definition als Kunstwerk hier nun Deine persönliche?
Eventuell tue ich dem guten Herrn Thun ja vielleicht völlig unrecht und die Teekanne ist gar keine Teekanne, sondern ein Objekt.

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#15 Beitrag von majestix68 » 31.01.2015, 15:19

Für mich ist die Teekanne eher Kunst als Design. Design soll ja Kunst nicht ausschliessen, aber wenn sie Funktionalität ausschliesst, wie in diesem Fall, ist es halt "nur" Kunst und nicht Design.

Ist meine persönliche Ansicht, aber trotzdem gelungen, da sie, wie man an unserem Diskurs sieht, eine Auseinandersetzung mit ihr angestossen hat. Und das "tut" gute Kunst & Design.
Man setzt sich mit ihr auseinander.

Wie ich übrigens auch mit deinen schönen braun Umbauten, die auf deiner Web-Seite zu sehen sind und die ich gerne in meiner bescheidenen Sammlung hätte :respekt:

greetz René

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#16 Beitrag von v/d/b » 31.01.2015, 16:12

Hallo René,
das passt schon. In so fern haben sowohl die Kategorie "Design speziell" als auch die Teekanne (die sie für mich trotzdem bleibt) ihren Zweck erfüllt.
Aber wir sind vom Thema abgekommen.
Eigentlich ging es hier ja um ideenlos gestaltete Uhren und Low-Tech für selbstständige Akademiker :mrgreen:

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#17 Beitrag von Paparierer » 31.01.2015, 16:27

p1i hat geschrieben:[...]Eigentlich ging es hier ja um ideenlos gestaltete Uhren und Low-Tech für selbstständige Akademiker
:kaputtlachen:

Gruß, Gereon

P.S. Das passt doch zu "elitepartner.de" - dem "Portal für Akademiker und Singles mit Niveau"...
Also: Entweder
- Akademiker
oder
- Single mit Niveau
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Re: Matteo Thun über Braun Design

#18 Beitrag von Friedel » 31.01.2015, 23:32

Ihr könnt ja noch so ausufernd über Kunst und Design diskutieren.

Ich kann nur für mich sprechen und sage, dass ich beim Anblick dieser Teekanne (und vor allen Dingen in Zusammenhang mit dem geforderten Preis) an Augenkrebs erkrankt bin.

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#19 Beitrag von Tamsel Tamansari » 01.02.2015, 10:15

zu teuer ist was ich mir nicht leisten kann.
um die uhrzeit zu erfragen brauchts auch keine von audemars , aber
is doch geil wenn man so eine kleine ETW am handgelenk hat.

Friedel hat geschrieben:Ihr könnt ja noch so ausufernd über Kunst und Design diskutieren.

Ich kann nur für mich sprechen und sage, dass ich beim Anblick dieser Teekanne (und vor allen Dingen in Zusammenhang mit dem geforderten Preis) an Augenkrebs erkrankt bin.

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#20 Beitrag von Friedel » 01.02.2015, 12:19

jaja, Du mal wieder und Deine Ergüsse. Ob ich mir das leisten kann oder nicht ist hier gar nicht die Frage. Es ist nicht nur abgrundtief hässlich, dann auch noch unfunktionell ohne Gleichen und dann noch einfach unverschämt teuer.

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#21 Beitrag von Tugendhat » 01.02.2015, 15:56

Den aufgerufenen Preis hat sich ja nicht der Herr Thun ausgedacht und ob das Teil nun hässlich ist sei mal dahingestellt. Gib auf der oben verlinkten Internetseite "Dieter Rams" ein und Du landest u.a. auf einem Kombiangebot bestehend aus dem kleinen Plastikbomber HL 70 und einem T2 Tischfeuerzeug für schlappe 1400 Dollar. Wobei ich diesen kleinen Ventilator weder als schön noch funktionell empfinde - wozu braucht(e) man sowas?

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#22 Beitrag von Friedel » 01.02.2015, 19:12

Ich kann da ja nur für mich sprechen. Für mich ist das Teil hässlich, unnütz und auch im Preis überzogen. Aber ich lehne mich mal zurück und esse ein wenig :pc2:

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#23 Beitrag von Paparierer » 15.02.2015, 21:53

...zu einer Kanne gehört auch eine Tasse...

*grins*


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...Gruß, Gereon
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Re: Matteo Thun über Braun Design

#24 Beitrag von Tamsel Tamansari » 18.02.2015, 09:40

Hallo TRhomas, das waren die, die nur Linn und Naim kannten. Oder Fisher und Quad. u.a.

Ein Plattenspieler von Linn entfaltete seine volle Leistung erst auf einem Tischchen von IKEA.
Kostete damals nur ein paar Pfennige, wurde aber nach Produktionseinstellung von den "Echten HiFiisten" für fast 500,00 DM gekauft.
Das ist Hardcore!
Platten wurden prinzipiell nur NASS abgespielt. (Lenco Clean)
Kabel wurden "eingespielt" , mit voller Power , erst mehrere Stunden in Richtung Empfänger (was auch immer das war) und danach nochmal die gleiche Zeit
in umgedrehter Richtung.
Es gab einen richtigen Kult über die optimale Plazierung und Anordnung der Geräte.
Die konnte man nicht einfach hinstellen und gut wars. Das ging schon mal gar nicht.

Die Krönung war eine überdimensionierte Endstufe unter der Kellertreppe die von Batterien gespeist wurde.
Das Ding soll angeblich das ganze Gaus geheizt haben.

Was tut man nicht alles für sein Hobby.




p1i hat geschrieben:
Tamsel Tamansari hat geschrieben: Die echten HiFiisten hatten für Braun nur ein mitleidiges Lächeln übrig.
Was sind denn "echte" HiFiisten?

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#25 Beitrag von v/d/b » 18.02.2015, 11:10

Moin Tamsel,
die Bezeichnung "Hardcore" trifft es dann in meinen Augen besser, als "echt".
Solche Anwandlungen hatte ich in früheren Zeiten übrigens auch mal. Zum Glück fehlte mir das nötige Kleingeld :lol:

Viele Grüße
Thomas

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#26 Beitrag von Tamsel Tamansari » 18.02.2015, 14:13

p1i hat geschrieben:Moin Tamsel,
die Bezeichnung "Hardcore" trifft es dann in meinen Augen besser, als "echt".
Solche Anwandlungen hatte ich in früheren Zeiten übrigens auch mal. Zum Glück fehlte mir das nötige Kleingeld :lol:

Viele Grüße
Thomas

Da hast Du wohl recht.
auch mir fehlten damals die nötigen Groschen.
Der alte Rädelsführer (ex Schauland in HH) ist aber immer noch aktiv: Ingo Hansen

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#27 Beitrag von Arthur » 20.02.2015, 16:20

Hallo Simon!

Du hattest folgende Frage an mich gerichtet:
simon hat geschrieben:Moin Arthur,

du schriebst: "Diese Ansicht über das Design vom AB1 teile ich nicht". Bist Du sicher, daß Thun den AB1 meinte, als er den "schwarze[n] Braun-Wecker, den Dieter Rams entworfen hat" als mißglücktes Design brandmarkte? Der ist nicht nur nicht von Rams, wie bereits richtiggestellt wurde, sondern hat meines Wissens auch keine Beleuchtung, die aber von Thun angeführt wird.

Da Du das Buch, aus dem Du zitierst, wahrscheinlich besitzt: Steht da irgendwo ausdrücklich, welchen Wecker Thun eigentlich kritisiert?

Schönes Wochenende, Simon
Also im Buch gibt es keine weiteren Hinweise, welchen Wecker Herr Thun meint. Alle Braun relevanten Aussagen hatte ich in meinem Post aufgelistet. Dass es sich um den AB1 handelt, war nur eine Vermutung von mir. Aber Ihr habt natürlich Recht, das er es wegen dem Licht nicht sein kann. Phase 1 kann es auch nicht sein, denn meines Wissens gab es ihn nie in schwarz - oder doch?
Mir fällt jetzt nur noch der AB 45 ein. Der ist schwarz und hat Licht. Aber welchen Wecker Herr Thun wirklich gemeint hat, ist nur ihm bekannt. Was soll's auch!

Viele Grüße
Arthur

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#28 Beitrag von fnerstheimer » 04.08.2015, 19:04

ich gehöre auch zu den Leuten, die den nüchternen minimalistischen Stil bevorzugen, und empfinde den Memphis Stil als puren Kitsch. Inhaltlich muss ich Herrn Thun bei seinen Ausführungen aber in vielen Teilen zustimmen.

So schön und ästhetisch die Entwürfe von Dieter Rams auch sind, hat Herr Rams eine ziemlich dogmatische Haltung. Das beginnt damit, dass er sich anmaßt, sagen zu können, was objektiv gesehen gut oder schlecht ist, und hört damit auf, dass nicht über den Tellerrand geschaut wird.

So sind z.B. die Ideale Langlebigkeit und Zeitlosigkeit eine feine Sache, lassen sich aber in unserer Industriegesellschaft nur verwirklichen, wenn die Sachen so teuer sind, dass nur eine kleine Zahl von Menschen in den Genuss dieser Produkte kommen. Langlebigkeit und Zeitlosigkeit kombiniert mit hohen Preisen kollidiert auch mit der zunehmenden Mobilität und Flexibilität, der die Menschen heute ausgesetzt sind. Rams konnte noch vom Studium bis zur Pensionierung in einem Unternehmen arbeiten, da sehen die Philosophien sicher anders aus als heute. Auch ein anderer Punkt aus Rams Liste, nämlich die Fortschrittlichkeit, kollidiert mit der Langlebigkeit zu hohen Preisen. Dies hat ja besonders im HiFi Bereich zu dem Dilemma geführt, das uns allen bekannt ist. Die technische Entwicklung ging ab den späten siebzigern so schnell, das sich inkurzer zeit ganze Konzepte überlebt haben. Als die Atelier Serie entwickelt wurde, war es noch Stand der Technik, alles in austauschbare Einzelkomponenten zu packen. Wenige Jahre später hat sich abgesehen von einer kleinen Gruppe High Ender niemand mehr einen HiFi Turm in die Wohnung gestellt, und damit war die Langlebigkeit durchkreuzt, weil das ganze System in wenigen Jahren obsolet wurde.

Der nächste fragwürdige Aspekt bei allen bauhausorientierten Designern ist, dass sie niemals mit den potentiellen Benutzern interagiert haben. Als ich kurz nach der Wende nach Dessau gefahren bin, habe ich live vorgeführt bekommen, wie wenig das Bauhaus die Bedürfnisse des Volkes getroffen hat. Als die Bewohner der Bauhaus Siedlung Törten nach der Wende an gutes Baumaterial gekommen sind, haben sie nichts besseres zu tun gehabt, als sich aus den Reihenhäusern in Windeseile ihr Spießer Idyll zu bauen. Das ganze Bauhaus Design, ursprünglich entstanden aus sozialen Gedanken, ist heute ein Spielzeug für wohlhabende Intellektuelle, der "gemeine Konsument" weiß oft noch nicht mal, was das Bauhaus und Herr Rams sind. Das elfte Gebot von Rams Design-Thesen müsste eigentlich heissen "Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler, auch wenn es dem Angler in der Seele weh tut".

Was Thun sicher meint, ist, dass die konsequente Umsetzung von Dieter Rams Philosophie mit einer ziemlichen Lebensfeindlichkeit verbunden ist, weil das Leben nunmal chaotisch ist. Spätestens wenn man selber Kinder im Haus rumlaufen hat, merkt man, wie sehr man allen Popanz im Haus vergessen kann. Ich bewohne seit 2010 ein Haus, das von einem Mies van der Rohe Schüler entworfen worden ist, und in dem ich mich so richtig austoben wollte. Bis Ende 2010 lag ich noch gut im Plan, dann kam Januar 2011 die zweite Tochter, und seitdem ist Stillstand - die Lebenskraft und das Geld von zwei Erwachsenen reichen nicht aus, um neben dem Beruf noch die Ramsschen Gestaltungsphilosophien durchzuhalten. Ich wäre schon froh, wenn wir die Standardsachen schon alle erledigt hätten.

Zum Schluss noch der Punkt Ehrlichkeit, die fünfte These von Dieter Rams. Auch wenn er nicht mehr für die Atelier Reihe verantwortlich war, sind die Geräte ja doch unter der Braun Philosophie entstanden. Nicht böse sein, aber wenn ich z.B. in einen späten Braun Atelier CD-Player reinsehe, kann ich da nichts ehrliches mehr entdecken. Auch viele Elektro Kleingeräte von Braun konnten den technischen Anspruch nicht ansatzweise halten, den sie durch das edle Design vortäuschten. Braun musste halt wie alle anderen Hersteller auch marktgängig verkaufen, spätestens in dem Moment bricht jede Philosophie zusammen.

Was ich an Dogmatikern so schlimm finde, sind noch nicht mal die Dogmatiker selbst, sondern die Jünger, die jeder Dogmatiker mit sich herumschleppt. Die Dogmen von Dieter Rams wurden in den siebzigern formuliert, als die Welt noch ziemlich heil war. Die Jünger halten aber an ihnen fest wie die Moslems am Schweinefleischverbot, das sicher auch aus praktischen Gründen ausgesprochen wurde, die heute nicht mehr gültig sind. Die Beständigkeit, der Erhalt des Status Quo ist der Menschheitstraum, nicht mehr älter werden zu müssen. Das Leben ist aber nicht beständig, sondern chaotisch und bunt. Man muss nur mal im Frühling rausgehen, um sehen zu können, wie unglaublich kitschig und chaotisch die Natur ist, und trotzdem finden es alle schön. Herr Thun ist mit seinen Arbeiten sicher näher am echten Leben als Herr Rams - das muss ich ihm trotz grundsätzlicher Abneigung gegen seinen Stil zugestehen. Dieter Rams selber hat sich in seinem Leben kontinuierlich weiterentwickelt, der Stil, dem die Braun Jünger zugetan sind, entspricht aber bis in alle Ewigkeit dem, was in den sechzigern bis achtzigern realisiert wurde.

Gruß Frank
"Man will halt immer das, was die anderen haben, bis dann alle das haben, was die anderen haben und dann wollen alle wieder das, was dann keiner mehr hat"

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#29 Beitrag von Tugendhat » 06.08.2015, 22:14

Sehr, sehr gut geschrieben. Es war ein Genuss diesen Text zu lesen.

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Re: Matteo Thun über Braun Design

#30 Beitrag von Tamsel Tamansari » 07.08.2015, 10:12

Tugendhat hat geschrieben:Sehr, sehr gut geschrieben.
stimmt
Tugendhat hat geschrieben: Es war ein Genuss diesen Text zu lesen.
...............auch wenn ich dabei schmunzeln mußte.

ich denke mal irgend etwas ist bei dem Poster aus der Spur gelaufen. Und hat ihn vergrämt.
Ich lebe seit >45 Jahren mit dem 606
bin xmal umgezogen und immer noch sieht das prima bello aus. Und wird auch immer noch nachgeliefert.

Die Atelier Serie ist heute noch Klasse. Mein 310 sieht immer noch besser aus als der Ramsch von der Grabbelkiste im Sternenshop..
Dabei spielt es erste Sahne.
Selbstverständlich würde Herr Rams die heutige Technik auch wieder "Form follows Funktion" verpacken.
Der Mann ist doch nicht Blöd.

Es war halt schon immer etwas teuerer ein besonderen Geschmack zu haben.

PS: in unserer Familie sind 4 (vier) Kinder groß geworden.
Da frag ich nicht nach Sonnenschein. Die haben ihr Bäuerchen in hohem Bogen über meine Schulter direkt auf die geilen Sessel von B&B gemacht !!
Diese respektlosen Saubazies!
Das gehört halt zum Leben dazu.
Aber deswegen auf uns Dieter oder gar die geilen B&B verzichten? Never ever!

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