Kurzschluss beim Verstärker A1

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Rudikar
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Kurzschluss beim Verstärker A1

#1 Beitrag von Rudikar » 12.02.2011, 19:30

Guten Abend -

habe mal eine Frage zu einem Braun A1: den hatte ich bei Ebay fast zeitgleich mit einem weiteren getroffen, weil er dort als vollkommen einwandfrei eingestellt wurde. Mit etwas Angst vor Kontaktspray-Einsatz (die sich im Nachhinein wohl als richtig herausstellt) habe ich ihn am Ende „gehabt“. Nun ist dem Verkäufer beim Abbauen das Malheur passiert, dass er einen Kurzschluss erzeugt hat und dabei der rechte Kanal ausgefallen ist. Nachdem ich zu einem verminderten Preis als Ersatzteillager trotzdem noch interessiert war, habe ich ihn nun plötzlich zugesandt bekommen, mit dem Hinweis ein Freund hätte ihn repariert – er wüsste aber nicht was genau der gemacht hätte, bzw. er könne ihn nicht fragen. Hm... (?). Nun weiß ich also auch nicht, was dort einer gefummelt hat. Auffallend ist aber bei der Sicht-Kontrolle, dass irgendwo Kühlpaste verwendet wurde und sich beide großen 10000µF Netzteil-Elkos leicht nach oben beulen. Außerdem riecht er noch nach drei Tagen Auspacken nach wie vor „streng“, ohne dass ich ein bestimmtes Bauteil gleich identifizieren kann.

Frage daher: was kann bei einem Kurzschluss beim A1 prinzipiell alles kaputt gehen und müsste gewechselt werden? Weiß das jemand ungefähr? Anschließen kann ich ihn erst morgen, allerdings ist mir um meine Boxen auch nicht ganz wohl...

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Uli
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#2 Beitrag von Uli » 13.02.2011, 11:15

Moin!

also, um sich ein Bild machen zu können... mache doch mal ein selbiges und stelle es online!

Ein "Kurzer" kann mehrere Ursachen haben... fange mit der Prüfung der Stromversorgung an. Wenn die Becherelkos (die 10000µF´s) sich schon wölben... tausche sie aus. Es gibt leider nur noch welche mit einem ø von 35mm, die passen aber ganz gut im A1.

Wegen des Geruches (es wird wohl auch ein Elko sein) solltest Du den Hochgegangenden optisch erkennen können, hier würde ich meine Suche starten, nachdem ich die Stromversorgung geprüft hätte.

Gruß... Uli
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Rudikar
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#3 Beitrag von Rudikar » 19.02.2011, 22:47

Also - hat eine Woche gedauert, bis ich mit der Sache weiter komme, aber erst seit heute weiß ich auch, dass ich ihn behalte. Und am Morgen - das Licht hat wohl seinen Teil beigetragen, habe ich zumindest eine Ursache für den Geruch wohl auch gefunden:

Die beiden Kondensatoren C801 und C802 sind selig dahin geschmolzen. Das war völlig falsch! Siehe unten!

Doch noch mal zur Geschichte: der Verkäufer hat ja nach eigenen Angaben einen Kurzen am Ausgang gebaut beim Abklemmen der Boxen. Nachdem ich mir das Service-Manual dazu angesehen habe, gab es dort auf Seite 3 den Hinweis, dass die Endstufe mit den Transistoren T614 und 615 gegen Kurzschlußschaden oder Abschluss mit zu niedriger Impedanz geschützt sei. Also hätte gar nichts passieren dürfen in diesem Fall. Er berichtete aber von einem Ausfall auf dem rechten Kanal, den der Freund "irgendwie" behoben hätte. (Das kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen - vielleicht hat der nur eine Sicherung gewechselt?)

Na ja - jedenfalls, die beiden o.g. Transistoren finde ich nun blöderweise weder im Schaltplan noch in der Realität bisher. Dafür aber sah ich, dass die Widerstände 636a/b und 637a/b die Ausgänge gegen Masse brücken. Deren Funktion habe ich zwar noch nicht ganz kapiert (dachte erst ich hätte, aber leider war mein Fach eben doch Energietechnik (dicke Kabel!!) und so muss ich mich bezüglich Elektronik erst mal wieder ziemlich erinnern...) Edit: Genau, ein Widerstand parallel zu einem Kurzschluss - wie kann der warm werden?!

Zumindest aber sitzen die beiden o.g. Kondensatoren direkt neben diesen Widerständen. Wenn die heiß geworden sind, was ich jetzt mal vermute – dann müsste das der Grund für deren Hinschmelzen sein, oder? Das war noch fälscher!!

Die werde ich jetzt erst mal auslöten. Im Schaltplan sind C801/802 mit 4700 angegeben, also 4700 pF. Und sie brücken den Einschalter – ist das zur Vermeidung von Schaltimpulsen?

Foto von den Kondensatoren (die hellbauen oben!):

Bild

Und so sieht der Blick ins Ganze aus - das wird wohl meine erste Restauration. Habe ja nun zwei A1 - der andere hat bereits das LS-Relais gewechselt bekommen. An diesem wurde auch mehr gefummelt in der Zwischenzeit - die Deckelschrauben waren ausgelutscht und der Einsatz von Kontaktspray an den Schiebeschaltern ist wohl auch nicht zu übersehen...

Bild

Tja, Uli - kannst Du noch was "Abnormales" erkennen? Außer, dass ich jetzt putzen und die Elkos sowie LS-Relais wechseln würde.

Also - nach dem Auslöten: Ohh oh - das ist mir peinlich! Nix mit Ausgelaufen - Klebstoff war es! Und dabei war ich ja zum Thema Klebstoff schon vorgewarnt. Denn auch die Elkos sind in diesem (späten) Modell (23866) alle mit reichlich Kleber fixiert. Die beiden sahen von der Form nur so wirklich mistig aus.

Die Moral von der Geschicht? Mal sehen die nächsten Tage, aber ein Verdacht zum Thema Geruch wird jetzt immer konkreter: Neben diesen beiden Kondensatoren liegt ja der Einschalter. Und was wurde selbst mit dem wohl gemacht? Genau...

... Kontaktspray! Ich fürchte: deshalb riecht die Kiste so. Und die Auswirkungen des Kurzschlusses an der Boxenseite waren nach dem Rücksetzen der Sicherungen (Thermoschalter und Co.) allesamt wieder weg??
Zuletzt geändert von Rudikar am 20.02.2011, 00:20, insgesamt 2-mal geändert.

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#4 Beitrag von Norbert » 20.02.2011, 00:12

Rudikar66 hat geschrieben:Die beiden Kondensatoren C801 und C802 sind selig dahin geschmolzen.
Hallo Rudikar,

das sind zwei spezielle Netz-Entstörkondensatoren mit 4700 pF. Die gehen gerne mal hoch, qualmen und stinken - ohne spezielle Ursache. Das ist auch der beißende Geruch, den Du wahrnimmst. Auf die Funktion des Verstärkers ansich haben diese aber keinen Einfluß.

Die beiden Widerstände, welche gegen Masse führen, sind Spannungsteiler für den Kopfhörerausgang links/rechts laut Schaltplan.

Diese beiden Transistoren T 614/615 zur angeblichen Kurzschlußsicherung der Endstufen finde ich auch nicht auf dem Plan, habe allerdings nur eine lausige Kopie. Funktioniert eigentlich der A1 nun auf beiden Kanälen?

Gute Nacht, Norbert
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#5 Beitrag von Uli » 20.02.2011, 10:11

Moin Rudi,

da scheint wieder mal einer mit der "Balistol-Methode" nicht gespart zu haben!
Also... erstmal reinigen... Platinenreiniger von Kontaktchemie (eine kleine Dose verbrauche ich pro Gerät immer) und eine Rolle Zewa sowie div. Ohren Q-Tips helfen hier sehr. Auch Bremsenreiniger aus der KFZ Brange hilft... aber bei beiden Reinigern: nie direkt auf die Potis & Spulen halten!
Wenn Du den Kleber runterhaben willst gibt es zwei Möglichkeiten:
  • :arrow: Farbabbeizer aus dem Baumarkt... hier aufpassen das das Zeug nur auf den alten Kleber kommt
    oder
    :arrow: mit dem Lötkolben runterbrutzeln und mit Bremsenreiniger danach reinigen.
Danach erstmal messen.... Du als Energietechniker solltest das wissen, auch wenn es schon Jahre her ist... es ist wie Radfahren... verlernst Du nie! :wink:
Trenne die Stromzufuhr zu den Platinen und fang am Netzteil an. Dann Schritt für Schritt vorgehen.
Lade mal Bilder mit dem PostImage hoch.... nicht mit "Bild hochladen"... dann kann man es sich auch mal aus der Nähe anschauen.

Noch ne Frage: was hast Du für den A1 gegeben? In dem Zustand hoffe ich das es nicht mehr wie einen Zehner gewesen ist!

Gruß... Uli
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#6 Beitrag von Rudikar » 06.03.2011, 15:01

Also: der A1 (mein zweiter) spielt nun offenbar tatsächlich einwandfrei. Habe alle wichtigen Kondensatoren ausgetauscht und den Kleber überall entfernt. Das war tatsächlich eine Mistarbeit - beim ersten Versuch habe ich mir noch etwas die Platine verkratzt. (Was mit Klarlack wieder unsichtbar gemacht wurde). Zum Entfernen bzw. Weichmachen des Klebers ging auch Nitroverdünner ganz gut.

Was ich bezahlt habe? :-) Also gut: am Schluss waren es mit Versand 60 EUR. Also mehr als ein Zehner, aber wie ich nun finde, trotzdem nicht unfair. Nur die Deckelschrauben müssen noch ersetzt werden. Und so lange Schalter und Potis nicht Knarzen, werde ich da auch nichts säubern oder entfernen.

Nun aber noch etwas anderes:

Nachdem GER ja so locker flockig den Schiebeschalter ausgebaut hat, Pierre Wittig mir auch schrieb, ich solle den mal ausbauen und ihm dann zuschicken - habe ich gestern allen Respekt überwunden und den samt seiner 32 Beinchen raussgelötet. Also - locker war ich dabei nicht - habe zwar nicht auf die Uhr gesehen, aber 1 1/2 Stunden waren es bestimmt und danach habe ich geschielt. Wer es auch versuchen will: erst mit Lötpumpe alles Lötzinn weg. Wer glaubt, danach bewege sich was, den muss ich (wie mich) enttäuschen. Nee ne - nicht so schnell. Dann also mit Entlötlitze Pin für Pin - wobei sich am Ende die vier Eckpinns als die widerspenstigsten herausgestellt haben. Wenn dann irgendetwas wackelt - immer wieder gucken, welche Pins bereits lose sind und welche noch nicht. Kann ich nur bei Tageslicht empfehlen!!

So sah es aus:

Bild

Und so sieht es jetzt aus:

Bild

Ich frage hier nun mal in die Runde, wie man das Teil möglichst konserviert, damit es in einem Jahr nicht wieder so aussieht. Zusammenbauen und einlöten ist ja nun das leichteste und sozusagen die Belohnung, aber ich denke - noch mal bekommt man (ich!) das an dieser Stelle nicht noch mal raus.

Auch die Frage, wie man das Teil am besten reinigt, kann man ja mal diskutieren: GER schrieb was von Alkohol und Zahnbürste. Letztere ist nicht schlecht, aber ich habe wohl den falschen Alkohol ("Fürst Bismarck!" :-) ) - der hat zu wenig Mumm. Also habe ich in der Not Sidol genommen und mit dem Fürsten gespült. Ganz zufrieden bin ich aber auch noch nicht. (Ich hätte vielleicht Contreau oder Baileys nehmen müssen?) Tja - und wie eben dauerhaft konservieren??

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#7 Beitrag von Grolumo » 06.03.2011, 21:49

Hallo,

zu Deiner Frage nach einer dauerhaften Konservierungsmethode kann ich leider nichts beitragen.
Aber meine Anerkennung für die saubere Arbeit möchte ich schon zum Ausdruck bringen.

Ich habe Deinen Bericht mit großem Interesse gelesen und konnte mir ein Schmunzeln bei den Zweifeln am verwendeten Alkohol nicht verkneifen.

Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Restaurierung und werde mit Interesse den weiteren Verlauf verfolgen.

Gruß
Grolumo

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#8 Beitrag von andreas schnadt » 07.03.2011, 10:08

Hallo Rudikar,
Habe diese Aktion an meinem A1 vor einem halben Jahr durchgeführt und auch beim Auslöten oft gestöhnt, habe aber dann deine Reinigungschritte übersprungen und direkt zu Pierre Wittig geschickt. Kam postwendend zurück, das Einlöten war übrigens ein Kinderspiel gegen das Auslöten und seitdem höre ich wieder Stereo
auf allen Eingängen ohne Störgeräusche.
Viel Freude beim Löten wünscht Andreas :wink:
Viel Freude beim Hören !

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#9 Beitrag von Vinylfan » 07.03.2011, 12:45

Saugute und äußerst umfangreich Arbeit! Meine Hochachtung!

Ich kann nicht ganz verstehen, was viele Leute gegen Kontaktspray haben. Ich benutze immer Teslanol Oszillin T6 und habe nur gute Erfahrungen damit gemacht. Auch nach Jahren funktionieren die damit gereinigten Schalter noch ohne Murren. Eine Versiegelung ist nach der Anweindung von Oszillin auch nicht notwendig....

Ich weiß aber, dass hier die Meinungen stark auseinandergehen. Deshalb will ich hier lieber keine Diskussion über Kontaktsprays anfangen. Aber wie gesagt, solche Kontakte reinige ich halt damit.

Oder mit DeOxit D5 und anschließend mit der dazugehörigen Versiegelung. Ist aber sauteuer das Zeug, weshalb ich immer mehr T6 benutze.

Grüße in die Runde

Jan.

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#10 Beitrag von Norbert » 07.03.2011, 13:08

Vinylfan hat geschrieben:Ich kann nicht ganz verstehen, was viele Leute gegen Kontaktspray haben.
Hallo Jan,

das passende "Mittelchen" an der richtigen Stelle finde ich durchaus legitim. Es gibt ja eine große Auswahl diverser Sprays.

Gruß, Norbert
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